Zur Sprache bringen
Eine Kritik der Architekturkritik

7. Jahrgang, Heft 2
Januar 2003

   
   
Ganz oder teilweise im Internet zugängliche architektur'kritische'
Fachzeitschriften

ca. 300 Einträge (Stand Februar 2003)

Ulrich Conrads
 
Ein Schlusswort als Prolog

   
Architekturkritik und Architekturvermittlung
Holger Pump-Uhlmann   Architekturkritik – ein elitäres Ereignis? abstract
Kerstin Dörhöfer   Macht und Defizite der Architekturkritik abstract
Wilfried Dechau   Graubuch abstract
Manfred Sack   Aus der Werkstatt eines Architekturkritikers abstract
Claudia Schwartz   Architekturkritik im Kontext – Berlin nach der Wende abstract
   
Nutzen und Nachtheil der Architekturkritik für den Architekten
Axel Schultes   Das Elend des Berliner Feuilletons am Beispiel des Berliner Stadtschlosses abstract
Jörn Köppler   Die geistige Statik des Bauens abstract
Ivan Nevzgodin   „Presse – auf zum Kampf für die sozialistischen Städte!“: Wahrnehmung und Kritik der Architektur von Novosibirsk in den Jahren von 1920-1940 abstract
Irina Kudryashova   Rationalistische und romantische Kritik als Ausdruck einer kreativen Methode abstract
Christian Gänshirt   Goldene Axt und intelligentes Gefühl - Kritik als Werkzeug des Entwerfers abstract
James McQuillan   Ein Wiedersehen mit den Gestaden von Rhodos: Die Architektur und eine neue kritische Ordnung abstract
   
Öffentliche Architekturkritik
Heidede Becker   Architektur und Städtebau publik machen – die Kultivierung des öffentlichen Dialogs abstract
Ute Lehrer   Architekturkritik als öffentlicher Diskurs abstract
   
Zur Theorie der Architekturkritik
Jörg Schnier   Präzisionsarbeit abstract
Eduard Führ   Architekturkritik als Architekturvermittlung abstract
Heinz Meyer   Architekturkritik und ästhetisches Urteil abstract
Yelena Remizova   Architekturkritik und Architektur der Kritik


 

abstract
Ulrich Conrads   Ein Prolog als Schlusswort


 

___UIrich Conrads
Berlin

 
Ein Schlusswort als Prolog

 

abstracts:

   
     

Architekturkritik und Architekturvermittlung

     

___Holger
Pump-Uhlmann

Braunschweig

 

Architekturkritik – ein elitäres Ereignis?

Architektur ist die vielleicht wirkungsmächtigste Gattung alles Künste. Dennoch wird über sie wenig öffentlich gestritten. Die Architekturkritik ist eine Domäne einiger Fachblätter sowie der Feuilletons weniger namhafter Zeitungen. Für TV-Sender gilt Architektur eher als 'Quotenkiller'. Woran liegt diese Diskrepanz zwischen Wirkungsmacht von Architektur und mangelndem öffentlichen Interesse an Architektur?
Ein Buch, das nicht gefällt, legt man beiseite, ein Bild hängt man von der Wand. Mit einem realisierten Bauwerk oder einer ganzen Stadt dagegen müssen Menschen eine Ewigkeit leben. Deshalb ist die Bedeutung des Gebauten so immens. Was müssen wir tun, um die Architekturkritik zu einem wirklich öffentlichen Ereignis werden zu lassen?
Ý

     

___Kerstin Dörhöfer
Berlin

 
Macht und Defizite der Architekturkritik

Am Beispiel der Arbeit der Architektin Stefanie Zwirn, die um 1930 für die Bauwelt tätig war, wird die Frage nach der Definitionsmacht der Architekturkritik gestellt.
Ý

     

___Wilfried Dechau
Stuttgart

 
Graubuch

In Fachzeitschriften wird in der Regel nur das Vorbildliche, das Hervorragende gezeigt – nicht das Alltägliche. Architekturkritik als Disziplin setzt sich in freiwilliger (oder, was noch schlimmer wäre, in unbemerkter, unreflektierter) Selbstbeschränkung mit einem nur verschwindend kleinen Teil des gesamten Bauvolumens auseinander. Der überwiegende Rest, jener Rest, der unsere gebaute Umwelt ganz entscheidend prägt, wird ignoriert, ausgespart, links liegen gelassen.
In der Realität ist man unerbittlich auch all den Bauten ausgesetzt, die aus Kritikersicht degoutant scheinen mögen. Schlimmer noch: All die anheimelnd gemütlichen Scheußlichkeiten, die uns bei einer Landpartie auf den Magen schlagen, sind nicht vom Himmel gefallen. Sie wurden von Leuten entworfen, gezeichnet, detailliert und schließlich gebaut, die während ihres Studiums an Hochschulen, Fachhochschulen und Kunstakademien ganz sicher etwas anderes gelernt haben als Krüppelwalme und Fachwerk-Garagen zu zeichnen.
Es ist an der Zeit, den Elfenbeinturm zu verlassen, die Scheuklappen abzulegen und sich mit jenen, viel zu lange stillschweigend geduldeten Phänomenen zu befassen, die den Charakter und die Atmosphäre unserer gebauten Welt prägen. Es ist an der Zeit, über ein Schwarzbuch, Schwarzweißbuch (Karl Ganser) oder besser: Graubuch nicht mehr nur nachzudenken, sondern zu handeln.
Ý

     

___Manfred
Sack

Hamburg

 
Aus der Werkstatt eines Architekturkritikers

Manfred Sack berichtet „aus der Werkstatt eines Architekturkritikers“ – und erklärt, warum er sich lieber allgemeiner einen Architektur-Journalisten nennt. Denn anders als seine Kollegen in den anderen (den reinen) Künsten kann er bei seinem Publikum mit so gut wie keinen (Vor-)Kenntnissen rechnen. Infolge dessen muss er viel mehr beschreiben als im strengen Sinne kritisieren. Er spricht in seinem Bericht über die Auswahl der Objekte – aus Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung – sowie von Themen der Baupolitik, der Stadtentwicklung, nicht zuletzt über ästhetische Erziehung, die Zeitung, über journalistische Formen der Darstellung, die erhofften Adressaten seiner Artikel, infolge dessen auch über den Gebrauch der Sprache, sowie die Kriterien seines Urteilens – und über die Hoffnung, die der Architektur-Schreiber an sein Tun knüpft, auch.
Ý

     

___Claudia Schwartz
Zürich / Berlin

 
Architekturkritik im Kontext – Berlin nach der Wende

Die spezifische historische Situation der neuen alten Hauptstadt führte zu einem großen Diskussionsbedarf, was die zukünftige Bedeutung Berlins anbelangt. Damit ging die Reichweite der Kritik oft weit über die engere Auffassung eines Schreibens über Architektur hinaus. Das Nachdenken über die Baukunst schloss zunehmend die Reflexion über die gesellschaftspolitische Rolle der deutschen Hauptstadt und ihren Umgang mit der deutschen Geschichte mit ein. Die Frage nach der Bedeutung Berlins als zukünftigem Regierungssitz wurde symbolisch aufgeladen in der Debatte um die Gestaltung eines "Herzens der Berliner Republik", zu dem die Stadt sich entwickeln sollte. Man ging gar so weit, den Berliner Architekturstreit mit dem Historikerstreit zu vergleichen.
Zu fragen wäre, welche Bedeutung dem Schreiben über Architektur in der Exegese der neuen Hauptstadt zukam? War der Einfluss der Kritik ein anderer als andernorts, erhoben die Architekturjournalisten Anspruch auf Mitbestimmung am neu Entstehenden? War das Schreiben über die Baukunst auf Grund der hohen symbolischen Aufladung Berlins als neuem Regierungssitz stärker politisch motiviert als vielleicht sonst üblich? Bildeten sich dabei eventuell eigene, nur im Kontext von Zeit und Ort gültige Parameter aus?
Ý

     
     

Nutzen und Nachtheil der Architekturkritik für den Architekten

     

___Axel
Schultes

Berlin

 

Das Elend des Berliner Feuilletons
am Beispiel des Berliner Stadtschlosses

Die Entscheidung zum Berliner Schloss, die jetzt von der Politik in all ihrer Hilflosigkeit getroffen werden wird, ist Menetekel für die so genannte, in letzter Zeit geradezu herbeibeschworene Baukultur in unserm Land. Und ohne Wirkung bleibt eben auch die professionelle Kritik, bei aller Rechtschaffenheit ihrer Positionen; die kunsthistorische Moral und Akkuratesse ist ins Leere gelaufen, hat sich abgearbeitet an einem Anspruch, den niemand stellt. Woher also diese Ohnmacht des Besserwissens, bei aller klugen Beredsamkeit?
Eine Antwort liegt für mich auf der Hand: wenn man das alte Schloss nicht als urbanes Missgeschick, als stadträumliches Hindernis a priori, begreifen will, fehlt der Stachel, die unbeirrbare Motivation, den Wiederaufbau zu verhindern. Eine interessefreie, soll ich sagen unparteiische, kunstkritische, kunsthistorische Wahrhaftigkeit hat offensichtlich nicht die Kraft, fatale Sehnsüchte zurück zu drängen.
Aber was soll ‘s: wenn unsere Gedanken über Stadt und Architektur nicht von deren festen Kern ausstrahlen, wenn wir die räumliche Gestalt – jenseits ihrer historischen Bedingtheiten – nicht als ultima ratio, als Quintessenz, als Quelle aller unserer 'Künste' begreifen und daraus Härte und Tiefe unseres Urteils gewinnen, ja, dann müssen wir uns mit einer rührenden Sage abfinden: dass Architektur jemals mehr war als ein Gebräu von Raumkunst und Kunstgewerbe, mehr war als ein Spiel, das damit kokettiert, dass „wir nie gewusst hätten und nie wissen werden, was Raum ist“.
Ý

     

___Jörn
Köppler

Graz

 
Die geistige Statik des Bauens

Im Sommer 1937 ließ Frank Lloyd Wright in einem Belastungstest die Tragfähigkeit seiner für das Johnson Wax Administration Building entworfenen Pilzstützen der – durch Freibier – belustigten Öffentlichkeit wie auch den Zweiflern der Genehmigungsbehörde in Wisconsin vor Augen führen. Diese wollten der eleganten und ungekannten Konstruktion eine maximale Tragfähigkeit von 5 Tonnen zugestehen, – am Ende des Tages jedoch und bei inzwischen 60 durch Sandsäcke erzeugten Tonnen Gewicht behauptete, zur Freude des nicht unstreitlustigen Architekten, seine in Beton gegossene Idee nach wie vor ihren Zweck. Angenommen, man übertrüge diesen eingängigen wie auch lustigen physischen Tragfähigkeitsnachweis des Entworfenen auf einen gleichsam geistigen Tragfähigkeitsnachweis, eine vorgestellte intellektuelle Statik eines Gebäudes: Was wäre in diesem Falle die widerstehende Stütze, was der belastende Sand? Wäre nicht das langsame Auftürmen der Last der sich von Frage zu einer Antwort und zu erneuten Fragen in die Tiefe vortastenden Reflexion des Gebauten vergleichbar, insofern der Punkt des Bruches, des nicht-mehr-weiter-Tragens, der Ort, bis an den man fragen, d.h. denken kann? In der Philosophie wird, aus verschiedenen Richtungen kommend, diese Grenze des Denkens immer wieder aufgesucht und benannt, für Aristoteles hieß sie der unbewegte "erste Beweger", für Kant die Achtung des Wesens, welches das Vermögen in uns legte, etwas "ohne Furcht zu beurteilen". In der Architektur und ihrer Kritik jedoch scheint es diese Neugier des Denkbaren nicht mehr zu geben, sie ist wohl dem von Adorno benannten, pandemisch um sich greifenden Jargon der Eigentlichkeit zum Opfer gefallen.
Ý

     

___Ivan
Nevzgodin

Delft / Novosibirsk

 
„Presse – auf zum Kampf für die sozialistischen Städte!“ Wahrnehmung und Kritik der Architektur von Novosibirsk in den Jahren von 1920-1940

In der gesamten Geschichte Sibiriens sind Fragen der Architektur und des Städtebaus zu keiner Zeit so leidenschaftlich und umfassend diskutiert worden wie in Novonikolayevsk-Novosibirsk in den Jahren von 1920-1940. Es tobte der Kampf um die proletarische Architektur, um die Umgestaltung der Lebensweise und um ein neues Gesicht der sozialistischen Stadt. Von der spannungsgeladenen Diskussion zeugen solche Artikelüberschriften wie „Wir werden bis zum Ende kämpfen“, „Bericht über eine prunkvolle Beisetzung“, „Auf in den Kampf für eine Wohnung“ usw.
In diesem Artikel wird die Rolle der Kritik bei der Herausbildung des architektonischen Gesichtes der neuen Hauptstadt Sibiriens an Hand von Material aus der lokalen Presse von 1920-1940 beleuchtet.
Ý

     

___Irina
Kudryashova

Kharkov

 
Rationalistische und romantische Kritik
als Ausdruck einer kreativen Methode

Bei einer Analyse der Kulturevolution kann man eine Einheit der beiden Haupttypen der Weltanschauung feststellen – der rationalistisch-wissenschaftlichen und der irrational-künstlerischen (romantischen) und der dementsprechenden Kreativitätsmethoden. Die Rolle der Kunstkritik läuft erstens auf eine Kritik und „Zerrüttung“ der bestehenden konservativen Kulturformen hinaus und zweitens auf die Suche nach neuen Kulturformen, die aus der Sicht der Kritik Perspektive haben, und auf deren Hervorhebung im soziokulturellen Raum. Zeiten, zu denen in der Kultur die rationalistische Methode dominiert, sind durch eine rationalistische Kritik gekennzeichnet, die auf eine „Legalisierung“, Beschreibung und gedankliche Verarbeitung der dominierenden Kultur ausgerichtet sind. In dieser Zeit kommt der Kritik eine wichtige Rolle zu bei der Entwicklung des Begriffsapparates, der stilistischen Maßstäbe und der ästhetischen Normen. Das ist eine Phase, in der nicht der inhaltliche, sondern der formbildende Aspekt der Kultur dominiert.
Ý

     

___Christian
Gänshirt

Cottbus

 
Goldene Axt und intelligentes Gefühl –
Kritik als Werkzeug des Entwerfens

Architekturkritiken werden in der Regel geschrieben, nachdem ein Gebäude fertig gestellt ist. Kritik kann aber auch den Ausgangspunkt für einen neuen Entwurfsansatz bilden, und im Prozess des Entwerfens kommt der Kritik eine grundlegende Funktion zu. Oft werden neue Entwurfsgedanken zuerst in Form von Kritik geäußert. Kritik, "das Hauptinstrument weiteren Fortschritts" (Karl Popper) und Urteilkraft sind es, welche den Entwerfer zu einer Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Entwurfidee bringen. Im Folgenden soll das Entwurfswerkzeug Kritik aus der Perspektive des entwerfenden Architekten untersucht werden. Die diesem Werkzeug zu Grunde liegenden Mechanismen sollen analysiert und Möglichkeiten ihrer Anwendung aufgezeigt werden, denn "es gibt niemanden, der es nicht für eine Ehre halten würde, seine Meinung über die Arbeit anderer abzugeben" (Leon Battista Alberti 1435).
Ý

     

___James
McQuillan

Cambridge

 
Ein Wiedersehen mit den Gestaden von Rhodos:
Die Architektur und eine neue kritische Ordnung

Moderne Standards architektonischer Leistungen sind unterschiedlich und stimmen nur wenig mit der eigentlichen Wirklichkeit überein. Wegen des anmaßenden kulturellen Relativismus sind wir alle in das Bemühen verwickelt, 'Architektur zu begreifen' oder eine tragfähige kritische Ordnung zu entwickeln, in der wir handeln und schätzen, was wir tun. 
Vor langer Zeit wurde die einzige kritische Ordnung durch den Kunden, den eigentlichen Initiator und in vieler Hinsicht den einzigen bedeutungsvollen 'Nutzer' eines Gebäudes vorgegeben. Deshalb gab es wenige Probleme damit, die Identität des Ergebnisses wahrzunehmen, da alle Vertreter des Baugeschäfts auch den gleichen kulturellen Horizont teilten. 
Da wir heute in einem post-romantischen Zeitalter leben, gibt es jetzt jede Menge andere Fragen, wie beispielsweise den Aufschwung der Ästhetik und das Genie des Künstlers, die ein Teilen der Identität nahezu unmöglich machen. Vielleicht ist die problematischste dieser Fragen das Verständnis für Anstand, das ehemals die Verbindung zwischen Transzendenz und Arbeitsweise war. Dieser Beitrag befasst sich mit dem Geschick des Anstandes unter Modernismus und geteilter Darstellung, insbesondere in Bezug auf die gestiegene Bedeutung des modernen Fragmentes. Den Nihilismus des modernen Designs zu überwältigen, verlangt  vielleicht die Macht des positiven Fragmentes in einem solchen Restaurationsprogramm, in dem Teilnahme – und nicht entkörperlichte 'Funktion' – der Tenor in Architektur und Planung ist.
Ý 

     
     

Öffentliche Architekturkritik

     

___Heidede
Becker

Berlin

 
Architektur und Städtebau publik machen –
die Kultivierung des öffentlichen Dialogs

Architekturkritik kann zum öffentlichen Diskurs einen umso wirksameren Beitrag leisten, je stärker sie auch außerhalb der Fachzeitschriften, der Lifestyle-Publikationen und der Feuilletons in Erscheinung tritt, je stärker sie auch den architektonischen und städtebaulichen Alltag, sowie zusätzlich zur ästhetischen Dimension auch städtebauliche und nutzungsbezogene Qualitätsaspekte einbezieht und sich darüber hinaus einer breiteren öffentliche Debatte öffnet.
Konflikte und Streitigkeiten entstehen immer schon aus dem Grundproblem, dass es weder ein konsensfähiges ästhetisches Ideal, noch eine unumstrittene ästhetische Kontrollinstanz gibt. Das Dilemma des ästhetischen Urteils hat mehrere Facetten: Kontrast zwischen Expertenurteilen, Kontrast zwischen Laien- und Expertenurteil und kulturelle Umwertungen, die architektonische und städtebauliche Moden hervorbringen.
Ý

     

___Ute
Lehrer

Buffalo

 
Architekturkritik als öffentlicher Diskurs

In meinem Beitrag argumentiere ich, dass Architekturkritik eine zentrale Rolle in Stadtbildungsprozessen einnimmt, indem sie den öffentlichen Diskurs über Raum und Ort, sowie Ästhetik und den Gebrauchswert der gebauten Umwelt vorantreibt. Mit der Gegenüberstellung von zwei sehr unterschiedlichen Beispielen – einerseits des Großprojektes am Potsdamer Platz in Berlin, andererseits des Gardener Expressway in Toronto mit seiner fragwürdigen Zukunft – argumentiere ich, dass Architekturkritik nicht nur eine nötige Herausforderung an die Architekturprofession darstellt, um höchste Qualität in der gebauten Umwelt einzufordern, sondern auch, dass sie eine besonders wichtige Rolle spielt in der gesellschaftlichen Vermittlung von Stadtbildungsprozessen und deren Beziehung zu größeren Zusammenhängen. Der Beitrag endet damit, dass Architekturkritik im Zeitalter der Globalisierung, wo Städte extremen Spannungen ausgesetzt sind, und wo ein hohes Bedürfnis zum Dialog über Raum und Ort sowie Bedeutung besteht, sehr viel wichtiger geworden ist.
Ý

     
     

Zur Theorie der Architekturkritik

     

___Jörg
Schnier

Buffalo

 
Präzisionsarbeit

Kritik zu üben ist eine schwierige und zudem undankbare Aufgabe. Jeder, der Defizite in der Arbeit anderer aufzeigt, steht in der Gefahr, als arroganter, böswilliger Besserwisser zu erscheinen. Um dies zu vermeiden, ist es notwendig, zwischen Geschmacks- und Faktenurteilen zu unterscheiden und einen Kanon elementarer, pragmatischer Richtlinien für seriöse Kritik einzuführen. Auf dieser Basis betont der folgende Artikel die Unehrlichkeit des milden, höflichen Kritikers und propagiert die notwendige Radikalität des wohlbegründeten und unmissverständlichen Urteils.
Ý

     

___Eduard
Führ

Cottbus

 
Architekturkritik als Architekturvermittlung

Der Beitrag dekonstruiert das simple Kommunikationsmodell der Architekturkritik.
Ý

     

___Heinz
Meyer

Würselen

 
Architekturkritik und ästhetisches Urteil

Das ästhetische Urteil lässt sich bestimmen und von anderen Urteilen, vor allem vom funktionalen und vom ökonomischen, abheben, und zwar trotz des Eingehens nichtästhetischer Aspekte ins ästhetische Urteil.
Das – für zahlreiche Architekten ebenso wie für zahlreiche Kritiker ärgerliche – Faktum der Auslösbarkeit des ästhetischen Erlebens durch Objekte unterschiedlicher Qualität stellt das (zumindest häufig von Architekten und von Kritikern geäußerte) Postulat in Frage, nur auf Objekte bestimmter ästhetischer Qualität mit ästhetischer Faszination zu reagieren. Das Bemühen der Architekten wie der Kritiker um eine bestimmte ästhetische Qualität stellt sich im Rahmen solcher Gedanken als der Einsatz für artifizielle Relevanzen dar, freilich Relevanzen, die die menschliche Existenz erweitern, steigern und vertiefen können.
Ý

     

___Yelena Remizova
Kharkov

 
Architekturkritik und Architektur der Kritik

Worin besteht der Unterschied zwischen der Architekturkritik und der Architekturtheorie? Der Kritik liegt die Kunst „zu verstehen“ und die Kunst „zu urteilen“ zu Grunde, während der Theorie Analyse und Forschung zueigen sind. Als Teil des künstlerischen Prozesses bestehen sowohl die Kritik als auch die Theorie, indem sie sich entwickeln und verändern, indem sie Krisen und Höhenflüge erfahren.
Kritik und Theorie kann man als zwei verschiedene Formen des Wissens und der Kommunikation zwischen Experten und Laien betrachten.
Aber gibt es heute Architekturkritik? Welcher Art sind die Grundlagen zu deren Begründung? Die moderne Architekturkritik stellt eine besondere Art des Denkens dar, die auf der Destruktion der künstlerischen Tätigkeit basiert. Die postmoderne Kultur ist ihrem Grunde nach mehrdeutig und destruktiv. Eine Vielfalt an kreativen Positionen in der Kunst setzt auch eine Vielfalt an kritischen Ansichten voraus, die in einen Dialog miteinander treten. In gewissem Maße bringt die Kritik die Gegenwart in eine Korrelation mit der Vergangenheit.
Ý

     

___Ulrich Conrads
Berlin

 
Ein Prolog als Schlusswort

 

     

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Wolkenkuckucksheim - Cloud-Cuckoo-Land - Vozdushnyi zamok </theoriederarchitektur/Wolke>
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