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Die auf zehn Jahre
angelegte Landesinitiative StadtBauKultur NRW wurde 2001 mit dem Ziel
gegründet, den Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen durch eine Kampagne für
gutes Planen und Bauen intensiv zu unterstützen. Aufbauend auf den Erfolgen
der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park, widmet sich die
Initiative insbesondere drei Schwerpunkten: der Gestaltqualität
unserer Städte, dem Öffentlichen Raum sowie dem Umgang mit dem
baulichen Erbe.
In den ersten fünf Jahren der Landesinitiative StadtBauKultur NRW fanden in
Zusammenarbeit mit den vielen Partnern aus der Architektur und
Ingenieurkunst über 70 Projekte statt: zahlreiche Konferenzen,
Ausstellungen, interdisziplinäre Workshops zu den komplexen Themen der
gebauten Umwelt. Die unter der Marke StadtBauKultur NRW herausgegebenen
Publikationen wie die „Blaue Reihe“ betrachten ein weites Spektrum des
Planens und Bauens und sind in Planungsämtern und Fachkreisen wertvolle
Ratgeber.
Die Internetseite
www.stadtbaukultur.nrw.de bietet einen Überblick über alle Aktivitäten
der Initiative im Land NRW. Die Projekte und Publikationen der vergangenen
Jahre können hier nachgeschlagen, die Publikationen kostenlos bestellt
werden. Ein wöchentlich aktualisierter Veranstaltungskalender informiert
Interessierte ausgiebig über europaweite Termine zum Thema der gebauten
Umwelt.
Doch ist das Thema Baukultur bisher noch nicht genügend in der Alltagswelt
und der breiten Öffentlichkeit angekommen. Daher hat sich die neue
Landesregierung in NRW unter Minister Oliver Wittke auf der Zwischenbilanz
der Initiative im Juni 2006 vorgenommen, in der nun folgenden zweiten Hälfte
die Öffentlichkeit stärker zu erreichen.
Das in 2002 gegründete Europäische Haus der Stadtkultur e. V. in
Gelsenkirchen, Plattform und Motor der Initiative, agiert hier als
Kommunikationsschnittstelle und wird sich zukünftig vermehrt als Vermittler
zwischen Fach- und Alltagswelt, zwischen Architektur und Baumarkt
engagieren.
Ausgewählte Aktivitäten im Rahmen der Initiative StadtBauKultur NRW werden
sich intensiv an den Nutzer von Architektur wenden und in einfacher,
verständlicher Sprache Argumente liefern, warum eine gut gebaute Umwelt für
jeden Einzelnen persönlich von Vorteil ist.
Die Bemühungen des Europäischen Hauses der Stadtkultur für die stärkere
Erreichung der Öffentlichkeit lassen sich unter vier Aspekten
zusammenfassen:
1.
Nachfrage
nach guter gebauter Umwelt wecken
Das Bewusstsein für die Gestaltung der gebauten Umwelt ist in der
Bevölkerung nicht besonders ausgeprägt. Seit einigen Jahren mehren sich auf
Bundes- und Landesebene Initiativen für Baukultur, die sich mal mehr, mal
weniger ausgeprägt darum bemühen, dies langfristig ein wenig zu ändern.
Baukultur nimmt auch wieder einen größeren Raum in der Arbeit der Verbände
und Kammern ein und ist immer öfter in den Fachmagazinen wieder zu finden.
Die Protagonisten der Initiativen für Baukultur sind meist die Anbieter und
Hersteller der gebauten Umwelt, sprich Planer, Architekten und Ingenieure.
In den Fachkreisen ist man sich einig, dass die Qualität der gebauten Umwelt
in den letzten Jahrzehnten zu wünschen übrig lässt. Insbesondere die
Einfamilienhaussiedlungen an den Rändern der Städte und Gemeinden, aber auch
die Gestaltung des Öffentlichen Raums, der Gewerbegebiete, der
Discountmärkte oder die Problematik der unmaßstäblichen Shopping-Center
nehmen viel Raum in den Debatten der Fachkreise über die gebaute Umwelt ein.
Nur: die Nutzer dieser Architekturen sind im Großen und Ganzen zufrieden mit
dem, was ihre Häuser und Räume bieten. Hier spielen Warenangebot und
Erreichbarkeit beispielsweise eine größere Rolle als deren Gestaltung. Somit
bedarf es an dieser Stelle zuerst einer Aufklärung der Benutzer, einer
Vermittlung, eines „Augen-Öffnens“. Oder – ökonomisch gesprochen – einer
Nachfragesteigerung nach guter gebauter Umwelt.
2.
Kommunikation
vereinfachen
Um die Öffentlichkeit stärker zu erreichen, hilft eine einfacher
nachvollziehbare Sprache ohne Fachtermini. Es empfiehlt sich auch,
persönliche Zusammenhänge und private Betroffenheit herzustellen. Ansonsten
bleiben die Inhalte zu abstrakt. Der Schwerpunkt der Vermittlung liegt
hierbei darin, den Menschen zu vermitteln, dass eine bessere gebaute Umwelt
eine persönliche Verbesserung der Lebensqualität bedeutet. Dieser direkte
Zusammenhang wurde bisher wenig in der Öffentlichkeit vermittelt. Gut gelöst
hat dies die britische „Commission for Architecture and the Built
Environment (CABE)“ mit ihrer klaren und leicht verständlichen Botschaft:
better buildings = better living. better schools = better learning. better
hospitals = better health.
3.
Kommunikation
professionalisieren
Um die Öffentlichkeit im breiten Maße für die gebaute Umwelt zu
sensibilisieren, reichen Konferenzen, Workshops und Fachpublikationen nicht
aus. Die zeitgenössischen Massenmedien wie Internet, TV und Tageszeitungen
erreichen im Vergleich ein Vielfaches an Konsumenten. Kampagnen, seien sie
an der Litfasssäule oder als Werbespots im Fernsehen oder in Printmedien zu
finden, beeinflussen unsere Gesellschaft in nie da gewesener Form. Warum
sollte man diese Kommunikationswege nur den Konsumgütern überlassen? Gute
Beispiele mit großer Erreichbarkeit sind die Kampagnen der deutschen
Bundesregierung für Verkehrssicherheit oder die Kampagne „Aimer
L’Architecture“ der Französischen Regierung zwischen den Jahren 2002 und
2004. Gute Partner sind hier sicher die Agenturen der Werbewirtschaft und
die Medienwirtschaft.
4.
Wissen
transportieren
Die gebaute Umwelt ist äußerst komplex. Es fehlt an pragmatischen Ratgebern,
die den Bewohnern unserer Städte Hilfestellung für die Umsetzung von guter
Qualität und guter Gestaltung geben. Sicher gibt es schon viele hilfreiche
Broschüren und Fibeln für ausgewählte Sparten. Diese richten sich allerdings
nicht an die breite Öffentlichkeit und vermitteln nicht unbedingt den Aspekt
der Gestaltung, sondern beispielsweise die denkmalgerechte Sanierung eines
Gebäudes.
Das Europäische Haus der Stadtkultur plant aus diesem
Grund ein so genanntes Baukultur-Alphabet, zum einen virtuell, zum anderen
als gedrucktes Werk. Eine Internet-Plattform soll mit Hilfe von Fotografien
eine Übersicht über die umfangreichen Facetten der gebauten Umwelt geben –
um die Wahrnehmung zu sensibilisieren. Am Beispiel „Stadtpark“ werden neben
der Gestaltung des Grüns der Blick auf die Umzäunung des Parks, das
Eingangstor, auf die Parkbänke und die Lichtquellen bis auf den Papierkorb
gelenkt. Das gleiche bietet sich für öffentliche Plätze, die Innenstadt,
Einfamilienhaussiedlungen, Gewerbegebiete, historische Siedlungen und vieles
mehr an.
Flyer und Publikationen im Rahmen der
„Blauen Reihe“, die sich an den Bürger richten, helfen zu vermitteln, was
genau unter gut gebauter Umwelt verstanden wird. Und bieten einen Gegenpol
zu den weit verbreiteten Magazinen der Bausparkassen, Fertighaushersteller
und Baumärkte. Diese Ratgeber unterstützen die Bewohner unserer Städte,
selbst einen Beitrag zu leisten, damit unsere Städte wieder liebens- und
lebenswert werden.
Je früher mit dieser Vermittlungsarbeit begonnen wird, umso erfolgreicher
wird diese „Früchte tragen“. In einer Welt, in der jeder ohne besondere
Kenntnisse bauen bzw. über Kataloge bestellen kann, in der jedermann mit
Hilfe von Computer und entsprechender Software gestalten kann, sollten
Grundlagen der Formgebung so früh wie möglich vermittelt werden.
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