Seit der Frühgeschichte der Menschheit ist die
Landschaftsentwicklung ein Prozeß in der sich natürliche und kulturelle Prozesse
wechselseitig durchdringen. Die Besiedlung und Bewirtschaftung der Landschaft vollzog
sich in den Anfängen nicht planmäßig, sondern, auf der Basis von Alltagserfahrungen,
unter konstitutiver Wahrung naturräumlicher Gegebenheiten. Ein Beispiel ist die frühe
Entwicklung der ´Communicationswege´, welche die ländlichen Siedlungen miteinander
verbanden. Sie entwickelten sich aus Wildtriften, weil man die Erfahrungen der Herdentiere
in einem zunächst unbekannte Gelände zu nutzen wußte (eine Strategie, die auch in den
Anfängen der Besiedelung Amerikas angewandt wurde). Die anfänglichen Erdwege wurden mit
der Entwicklung der Verkehrsmittel zunächst als Knüppeldämme , später als
Feldsteinwege mit den in der Landschaft verfügbaren Materialien ausgebaut. Der bewährte
Trassenverlauf wurde in der Regel nicht mehr verlassen. Im ursprünglichen Sinne
ländliche Wege zeichnen sich noch heute dadurch aus, daß sie nicht als Gerade Quell- und
Zielort verbinden, sondern eingebettet in die Topographie
Schwingungen vollziehen.
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Abb. 1 ländlicher Ortsverbindungsweg in
der Uckermark |
Seit der Renaissance, mehr noch im Barock kam ein neuer Agiens der
Landschaftsentwicklung hinzu: die ästhetisierende Gestaltung von Landschaft zunächst
durch den Adel, später durch die sich emanzipierende Bürgerschaft.
Die Ausdehnung des Gartens auf die ´freie Landschaft´ nach den Prinzipien des
englischen Landschaftsgartens gipfelte in der Idee der ´ornamented farm´, stieß hier
aber auch an ihre Grenzen. Die Idee der ästhetisierenden Gestaltung von Agrarlandschaften
konnte sich - mit wenigen Ausnahme, wie dem Dessauer Gartenreich oder der Potsdamer
Feldflur, weder in Deutschland noch in England durchsetzen.
Die, dem Zeitgeist entsprechende Negierung orthogonaler Formen führte zu einem
Grundkonflikt zwischen Idee und Praxis, der seinen Ursprung darin hatte, daß die
"Landwirtschaft sich sozusagen der geraden Linie verschrieben hatte, die Gerade aber
nicht mehr in Mode war" (Clifford 1981, 302).
Die größte Breitenwirkung erzielte die Landesverschönerung des 19. Jahrhunderts durch
die auf lokaler Ebene gegründeten Landesverschönerungsvereine. Deren Aktivitäten
erschöpften sich allerdings weitgehend in der Pflanzung von Alleen und Hecken.
Weitreichendere landschaftsgestalterische Impulse unter Einbeziehung der Flurformen gingen
von ihnen nicht aus.
Man könnte die Reihe fortsetzen: auch die engagierte Nachkriegsgeneration der
Landschaftsarchitekten um Pniower (DDR), oder Mattern (BRD) scheiterte in ihren
Bemühungen um eine ganzheitliche Landschaftsgestaltung an den ´Machern´, die im Gewand
der ´Melioration´ (DDR) und ´Flurbereinigung´ (BRD) eindimensionale Ziele durchgesetzt
haben.
Dieses von Unverständnis geprägte Verhältnis zwischen Planern und Machern hat sich
bis heute nicht verbessert. Es ist allerdings weitaus komplizierter geworden, weil es im
Lager der Macher zu einer erheblichen Diversifikation der Akteure gekommen ist.
Zu den Landwirten haben sich die Häuslebauer, Kleingärtner und die Fachingenieure
gesellt. Es mag auf den ersten Blick überraschen, die Ingenieure nicht auf der Planer-,
sondern auf der Macherseite zu sehen. Tatsächlich werden klassische
Fachingenieurarbeiten, wie der Straßenbau nicht mehr ganzheitlich, unter Bewahrung
landschaftlicher Zusammenhänge geplant, sondern sie werden monofunktionell nach
verkehrlichen Aspekten gebaut. Die Landschaft wird im
Begleitplan abgehandelt.
Photo Bundesstraße 167 bei Altfriedland
(Märkisch-Oderland)
Der Anspruch, den noch Lenné in der Mitte des 19. Jahrhunderts am Beispiel der
Eisenbahntrasse Berlin-Templin verfolgte, das Bauwerk in die Landschaft zu integrieren,
ist heute weitgehend verloren gegangen. Nicht zuletzt, aus diesem Mangel an
planerisch-ganzheitlichem Denken in der täglichen Baupraxis, hat sich ein restriktives
nachgeschaltetes Instrumentarium in Form der Umweltverträglichkeitsprüfung und der
Eingriffsregelung entwickeln müssen.
Lenné hat sich nicht um Partizipation scheren müssen. Vor dem Hintergrund
omnipotenter Machtstrukturen konnte er als verlängerter Arm des Königs
seine Ideen ohne wesentliche Abstriche durchsetzen. Planung in einer demokratischen
Gesellschaft muß sich durch Bürgerbeteiligung legitimieren. Die formalisierte
Beteiligungsprozesse nach BauGB oder nach Fachplanungsrecht werden als lustlose
Pflichtübung wahrgenommen. Einen Verständigungsprozess zwischen Planern, Machern
(neudeutsch: ´Akteuren´) und ´Betroffenen´ hat diese Form der Beteiligung nicht in
Gang gesetzt. Da Planung zunehmend verrechtlicht und somit komplizierter geworden ist, ist
die Kluft zwischen den Planern und Bürgern weiter gewachsen.
Planung wird vom Bürger als restriktives Instrument wahrgenommen: als Behinderung der
freien Selbstentfaltung. Die heutigen Macher orientieren sich weder an planerischen
Konzepten noch an der Landschaft als Ganzem. Man hat den Eindruck sie bauen und gärtnern,
um den Planern eins auszuwischen. Größer könnte der Kontrast kaum sein: Hier die
städtebaulich-landschaftsplanerischen Wettbewerbsergebnisse nur selten umgesetzt-
die den Großen Wurf im Auge haben und jedes Detail der verbindenden Idee unterzuordnen
bestrebt sind, dort die Heerschar der Wochenendwerker, die mit dem was das Angebot des
Baumarktes hergibt, effektiv an dem Dorf- und Landschaftsbild von morgen ´basteln´.
Abb. 3 Eigenheim in Woggersin
(Mecklenburg-Vorpommern)
Planung bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem Anspruch :
- einerseits etwas ´Geschlossenes´ hervorzubringen: Der Branitzer Park ist in diesem
Sinne vollkommen, ebenso das brandenburgische Gutsdorf (Einheitlich in der Vielfalt der
einzelnen Elemente);
- und dem Anspruch, eine soziale Aneignung der Wohn- und Lebensumwelt des Menschen zu
ermöglichen, was ´Offenheit´ voraussetzt.
In der Zusammenführung dieser beiden widersprüchlichen Anforderungen ergibt sich die
Forderung nach einem ´Rahmen´, der durch die planerische Gestaltung der Umwelt gesetzt
wird, der aber soziale Aneigungsprozesse nicht nur zuläßt, sondern fördert.
Ein historisches Vorbild für diese Vision wurde als Beitrag der IBA
´Fürst-Pückler-Land´ ausgewählt: die Gartenstadt ´Marga´.
Lit.: Clifford, Derek: 1966: Geschichte der Gartenkunst. Prestel-Verlag, München
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