Thema
4. Jg., Heft 2
Februar 2000

Gerhard Lenz

Versprochene Lebenswelten – von der "Kulturalisierung" des Naturraumes zur Konstruktion "sekundärer Natur"

Eine Befreiung von der Willkür von Sonne, Wind und Wasser

"Wenn nun der Mensch, indem er die verschiedenen Enwicklungsstufen seiner Bildung durchläuft, minder an den Boden gefesselt sich allmählich zu geistiger Freiheit erhebt, genügt ihm nicht mehr ein dunkles Gefühl, die stille Ahnung von der Einheit aller Naturgewalten. Das zergliedernde und ordnende Denkvermögen tritt in seine Rechte ein; und wie die Bildung des Menschengeschlechts, so wächst gleichmäßig mit ihr, bei dem Anblick der Lebensfülle, welche durch die Schöpfung fließt, der unaufhaltsame Trieb, tiefer in den ursächlichen Zusammenhang der Erscheinungen einzudringen." (Alexander von Humboldt, 1845)1

Im Jahre 1800 verfertigte Friedrich von Hardenberg, Studierender an der Bergakademie Freiberg eine geologische Bestandsaufnahme über "bituminöse Holzerdenlager" im mitteldeutschen Raum.2 Hardenberg berichtet darin von unterschiedlichen Abbaumethoden und Weiterverarbeitungen des zum damaligen Zeitpunkt seit etwa 100 Jahren eher zufällig als Feuerungsmaterial verwandten Stoffes Braunkohle. Von einer planmäßigen Erschließung eines neuen Energieträgers konnte allerdings zu dieser Zeit mitnichten die Rede sein. Man förderte die Kohle oberflächennah, wo entsprechende Vorkommen "bemerckt wurden" und versuchte, den "Behindernissen" einer Wasserhaltung – "Sand und Wasser quellen unaufhörlich nach" – zu entgehen. Im Gegensatz zu Hardenbergs eher akribisch-nüchternem Sachstandsbericht, scheint sein poetisches Werk indes die historische Kraft der Entwicklungen des 19. Jahrhunderts gleichsam romantisierend vorwegzunehmen. So schrieb er, besser bekannt unter seinem Dichternamen Novalis, scheinbar fasziniert von den generellen Möglichkeiten des Bergbaus, in einem Bergmannslied seines Romanfragments "Heinrich von Ofterdingen: "Der Heimlichkeit urmächtgen Bann, Kann nur die Hand der Einsicht lösen; Gelingt`s, das Innre zu entblößen So bricht der Tag der Freyheit an".3

Nach zahllosen Fehlversuchen des Abbaus von Braunkohle gelang es im Bitterfelder Raum erstmals dem Tuchfabrikanten Johann David Schmidt im Jahre 1839, das zentrale Problem der Kohlegewinnung, den Einschluß des Flözes zwischen den Grundwasserhorizonten, zu bewältigen. Der Grubenbesitzer setzte durch eine Dampfmaschine betriebene Pumpen ein, um die Kohle soweit trocken zu legen, daß sie mit Hacke und Schaufel im Tagebetrieb abgebaut werden konnte.4 Der wirtschaftliche Erfolg ließ indes auf sich warten. Die Distributionsmöglichkeiten waren aufgrund der mangelhaften Haltbarkeit der Rohbraunkohle und des geringen Verkehrswegenetzes eng begrenzt. Torf und angestammte Holzentnahme(rechte) aus den Waldungen stellten eine gewohnte wie kostengünstige Brennstoffalternative dar. Ein in den lokalen Zeitschriften appostrophierter Holzmangel, war wohl eher als eine forstwirtschaftlich gesehen schlechte Waldqualität zu begreifen, derer man mittels Verdrängung der Ackerbürger und Bauern aus den Wäldern und Aufbau von Monokulturen entgegenzuwirken trachtete.5 Auch das Gewerbe war bezüglich der Braunkohle zunächst zurückhaltend und stützte sich energetisch auf zahlreiche Wassermühlen an den Westbächen der Mulde sowie auf mehr als sechzig Bockwindmühlen.6

Generell bedeutete die Möglichkeit der Freisetzung großer Mengen seit jahrmillionen gespeicherter Energie durch den Abbau von Braun- und Steinkohlen allerdings eine tiefe Zäsur in der Mensch-Umwelt-Beziehung.7 Es war der Übergang von einer auf die vorwiegende Nutzung regenerativer Energien angewiesenen Gesellschaft zum primären Einsatz fossiler Energieträger. Von der latenten Knappheit zur scheinbaren Entgrenzung. Neben den wenig steuerbaren Kräften von Wind und Wasser waren die Agrikulturgesellschaften der vorindustriellen Zeit fast ausschließlich auf flächig produzier- und konvertierbare Solarenergie angewiesen. Die Gewinnung metabolischer Energie für den Menschen auf den Ackerflächen, mechanischer Energie auf den Weiden der Nutztiere und der kalorischen Energie der Wälder befand sich dabei letztlich in kontinuierlicher Konkurrenz der Flächenbeanspruchung bzw. des Flächenaustausches.8 Sonneneinstrahlung, Witterungseinflüsse und Jahreszeiten, aber im besonderen begrenzt zur Verfügung stehende Anbauflächen, deren Knappheit durch eine primär extensive Flächenbewirtschaftung bei ansteigender Bevölkerungszahl noch verschärft wurde, determinierten daher die Energiesituation der Agrargesellschaften.

Wie überaus deutlich die gesellschaftliche Orientierung trotz des neuen Energieträgers von der Knappheit bewirtschaftbarer Flächen geprägt war, unterstreicht die scheinbare Selbstverständlichkeit bzw. vertragliche Festschreibung der Wiederauffüllung ausgekohlter Kohleabbauflächen im 19. Jahrhundert, welche möglicherweise mit der Rekultivierung einer landschaftlichen Physiognomie im Sinne unseres heutigen Verständnisses wenig gemein hatte. Bereits Hardenberg berichtet zum Anfang des Jahrhunderts, daß "mit dem Abraum der ausgeförderte Raum wieder ausgefüllt und planiert werden"9 müsse und am Ende desselben, im Jahre 1898, scheint die Einebnung des Abraumes integraler Bestandteil der Kostenrechnung gewesen zu sein.10 In ihrer Zielorientierung eindeutiger waren die Verfügungen für Grubenbesitzer seitens der Gemeinde Bitterfeld, welche zumindest ab 1887 Bestandteil von Landabtretungen zum Kohleabbau gewesen sind: "Die Käuferin ist verbunden, die durch den Abbau entstandenen Gruben mit dem vorhandenen Abraum ... auf ihre Kosten und ohne Ersatzanspruch regelmäßig auszufüllen und zu planieren und zwar so, daß das zur landwirtschaftlichen Kultur am besten geeignete Material an der Oberfläche zu liegen kommt und die Flächen mindestens zu fünf Hectare im Zusammenhange eine pflugbare Ebene bilden."11

Auch die Preispolitik der Braunkohlegruben deutet auf eine energetische Umbruchsituation der neu entstehenden Industriegesellschaft zur Jahrhundertwende hin und offenbart ein für unsere heutigen Vorstellungen eher "antiquiertes" Energieverständnis. Der Preis pro Maßeinheit verkaufter Energie - in Form von Rohkohle - wurde nämlich bei steigender Abnahme für den Verbraucher keineswegs günstiger, sondern erhöhte sich proportional zur ansteigenden Menge. Das heißt, ein Großverbraucher hatte es nicht mit proportional fallenden, sondern mit steigenden Preisen zu tun. So mußte etwa die chemische Fabrik Elektron in Bitterfeld für die ersten 2.800 Hektoliter ihres Tagesbedarfes an Kohle im Jahre 1906 11,5 Pfennige pro Hektoliter, für die folgenden 4.460 Hektoliter 12,6 Pfennige und für die nächsten 2.000 Hektoliter Tagesbedarf sogar 17 Pfennige je Hektoliter an die Grube Hermine bezahlen.12 Eine Preisgestaltung, die nach unserem heutigen Verständnis kaum zum Mehrverbrauch ermunterte, die jedoch vermuten läßt, daß die Vermarktung noch im Sinne einer ortsgebundenen, von den Ressourcen der Natur abhängigen Ausgangslage grundsätzlicher Energieknappheit bestimmt war. Daß sich die Industriegesellschaft um die Jahrhundertwende in einer energetischen Übergangssituation befunden haben muß, belegen auch Anweisungen zur "Sonntagsruhe im Gewerbebetriebe" vom 11. März 1895. Neben dem Backgewerbe und den Zeitungsdruckereien betrafen mehr als vier Seiten der neunzehnseitigen Verfügung Ausnahmebestimmungen zur Sonntagsarbeit in Betrieben mit "schwankender Energiezufuhr". Die Sonntagsarbeit wurde gestattet, wenn die "Hauptkraft" dem Wind oder unregelmäßiger Wasserzufuhr entsprang, wohingegen die Nutzung einer ständigen zusätzlichen "Hülfsskraft" - im Sinne von Dampf, Gas oder Elektrizität - eine Sonntagsarbeit im Betrieb nicht zuließ.13

Lenz1.GIF (23121 Byte) Umstrukturierung der räumlichen Oberfläche – Grubenbetriebe mit erstem Abraumbagger,
Bitterfeld am Ende des 19. Jahrhunderts 1865 (Kreismuseum Bitterfeld, XI C 4195

Unterdessen verstetigte sich die Nachfrage nach dem fossilen Energieträger Braunkohle im synergetischen Entwicklungsprozeß unterschiedlicher Wirtschaftszweige und dem strukturellen Umbau der Verkehrswege in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach der Zuckerindustrie als Motor der Industrialisierung und dem Maschinenbau war es im besonderen die chemische Industrie, die zur Wandlung des "Warenhauses" der Naturstoffe, ja zur Kreation ganz neuer Stofflichkeiten nach billiger und kontinuierlicher Energie hungerte. Walther Rathenau, einer der "Gründerväter" chemischer Produktion, äußerte sich 1895 über die Ursachen der Standortwahl Bitterfeld seitens der chemischen Industrie: "Die mächtigen Braunkohlelager im Gebiet der Elbe, Saale und Mulde liefern ein Material, dessen Heizwert im Verhältnis zum Gewicht ... gering ist ... Aber die Elektrochemie verlangt nichts Besseres. Sie bezieht ihren Energiebedarf - und Energie ist fast ihr alleiniges Requisit - aus ihren Kesseln und Maschinen; und um direkt aus der Grube kommend, unter den Kesseln verfeuert zu werden, dazu ist diese Kohle wie geschaffen. Die Elektrochemie ist also berufen, die ungemessenen Mengen kalorischer Energie, die das scheinbar wertlose Material enthält, in der Form chemischer Verbindungen aufzuspeichern und den auf diese Weise transportfähig gemachten wirtschaftlichen Wert in alle Länder zu verschicken."14 Die Menge der geförderten Rohkohle stieg zwischen 1893 und 1909 von knapp 1,5 Millionen Tonnen auf ca. 3,7 Millionen Tonnen.15

Hatte der ökonomische Blick des 18. Jahrhunderts in kameralistischer Manier in seinen zahllosen technischen Abhandlungen über die Natur der äußeren Erscheinungswelt bereits ein Signum anthropozentrischer Nützlichkeit aufgedrückt,16 so verdinglichte sich nun am Übergang zum 20. Jahrhundert die sozioökonomische Umsetzung gesellschaftlicher Opportunität des Naturraumes und seiner Stofflichkeiten immer mehr in der Konstruktion einer Landschaft zum störungsfreien "Gebrauch" von Natur.

Lenz2k.jpg (30074 Byte) Das Profil der energetischen "Befreiung" – kartographischer Schnitt durch das Zeitz-Weißenfelser Braunkohlerevier (A. Riebecksche Montanwerke. Die Geschichte einer mitteldeutschen Bergwerksgesellschaft. München 1933, Anhang 1

Geschiebemergel, Sande, Tone und Kiese mußten Schicht für Schicht freigelegt - das Innere entblößt werden - um an den Stoff zu gelangen, mittels dessen der sichtbaren Oberflächenhaut der Landschaft eine neue, eine kunstvolle Schicht hinzugefügt werden sollte. Tagebaue wucherten, Elektrizitätsanlagen und ihre Transportinfrastruktur begannen den Raum zu umspannen. Längst war der Wandel der Landschaft unverkennbar. Bereits 1876 waren im Bitterfelder Raum die ersten Auswirkungen großflächiger Grundwasserabsenkungen durch den Braunkohlentagebau bei der vollständigen Austrocknung von über hundert Eichen der "Bitterfelder Binnengärten" deutlich geworden.17 Ein ähnliches Vertrocknen der Flora wiederholte sich bei den Grubenaufschlüssen in Sandersdorf.18 Untersuchungen der Landwirtschaftskammer Halle dokumentieren das nahezu gänzliche Versiegen der Trinkwasserbrunnen beziehungsweise das massive Absinken des Grundwasserspiegels der Bitterfelder Umfeldgemeinden Holzweißig und Roitzsch zwischen 1908 und 1912.19 Immer stärker wurde die sichtbare Erdoberfläche zum Abbild der unter ihr befindlichen Ressourcen und ihrer instrumentellen Verfügbarkeit.20

Lenz3k.jpg (25422 Byte) Die Stromfee der „Allgemeinen Electrizitäts-Gesellschaft", 1888 (Deutsches Historisches Museum, Berlin)

Elektrischer Strom - und das hieß für Mitteldeutschland Strom aus Braunkohle – war zudem die neue Zukunftshoffnung des beginnenden 20. Jahrhunderts. Seine fließende Kraft vermochte die Nacht zum Tage zu machen und die ruckende Mechanik von Hebeln und Gestängen durch einen lautlosen Fluß zu ersetzen.21 Rauchlose Städte, rauchfreie Züge - eine generell höhere Entwicklungsstufe schien möglich. So proklamierte Artur Fürst in seiner Geschichte der Beleuchtung geradezu emphatisch: "Jeder fühlt, daß der Kulturweg, den die Menschheit bisher durchschritten hat, um Millionen Meilen kürzer sein würde, wenn noch heute die große Naturleuchte einzige Erhellerin wäre. Die Nacht ist keines Menschen Freund!"22 Die Verlagerung der mit der Industrialisierung sich ausdehnenden Rauchplage, und die hiermit verbundene "neue Verdunklung", an die Stätten der Stromproduktion wurde in den Metropolen zunächst kaum wahrgenommen. 1925 hatte der Großraum Bitterfeld bereits sieben Kraftwerke gegenüber zwei im Jahre 1907.23 Der Anteil der Braunkohle an der Gesamtstromerzeugung in Deutschland betrug nun 34 Prozent; mehr als 60 Prozent der geförderten Rohbraunkohle Mitteldeutschlands wurden direkt in Elektrizität umgewandelt. De facto bedeutete dies einen Tagesverbrauch von 5.000 Tonnen Braunkohle im Großkraftwerk Süd in Bitterfeld Ende der zwanziger Jahre, während die Kraftstation in Zschornewitz einen Tagesbedarf von 9.000 Tonnen oder einen stündlichen Eisenbahnzug von 36 Wagen zu je zehn Tonnen hatte.24

Lenz4.GIF (21507 Byte) Kraftwerk Zschornewitz mit ausgeräumter Industrielandschaft um 1928 (Deutschland in 111 Flugaufnahmen. Die blauen Bücher. Königstein/Leipzig 1933, S. 90)

Die immer stärker einsetzende Fabrikation von Massenprodukten und deren Transport über die zahllosen den Raum durchmessenden Eisenbahnlinien stellten die Weichen für eine Entwicklung, die das Produkt, ja sogar vermeintlich "typische Bauformen", vom Ort ablöste, und die letztlich die Physiognomie ganzer Landstriche universalisierte.25 Eine weitere Vernetzung bisher relativ abgetrennter Räume vollzog sich mit der Einführung der durch die Eisenbahn bedingten "Mitteleuropäischen Zeit" auf dem Gebiet des Deutschen Reiches am 1. April 1893. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten unterschiedliche Ortszeiten gegolten, die sich nach dem jeweiligen Sonnenstand richteten und im Reichsgebiet Zeitdifferenzen bis zu sechzig Minuten im Tagesverlauf aufwiesen.26

Die kulturellen Insellagen wurden zusehends homogenisiert. Erst jetzt in der Unterscheidbarkeit durch Kontakt und Vereinheitlichungszwang wurde man sich des "Nicht Selbstverständlichen" einer Umgebung bewußt. Meyers Konversationslexikon aus dem Jahre 1877 kannte z. B. unseren heutigen Begriff unterschiedlicher Kulturlandschaften noch gar nicht. Hier wurde "Landschaft, als eine dem Auge sich in der Wirklichkeit ... darstellende Gegend", d.h. die von einem bestimmten Punkt überschaubare Umgebung begriffen.27 "Weit mehr noch als die Nation diente das Territorium als die Einheit, nach der sich die Gemeinschaft bemaß. Dieses Territorium wurde vom Horizont, den der Blick erfassen konnte, umgrenzt und konnte zu Fuß ... abgeschritten werden. Jenseits davon erstreckte sich die Welt. Die Welt der anderen, von der man nur vage Vorstellungen besaß und die stets als bedrohlich empfunden wurde."28 Die Mehrzahl der Menschen hatte diese Umgegend bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nie verlassen.

Die Welt hinter dem Horizont kam zu ihnen. Die "dunkle" Wildnis lichtete sich und gleichsam symbolisch erschienen die Schornsteine der Kraftwerke und Fabriken als neue Landschaftskronen am Horizont. So wie sie den Horizont weiteten, so verengten sie ihn indes auch wieder im selben Atemzug. Die gerade begonnene Befreiung von der "Willkürlichkeit" natürlicher Ernteerträge, Wasserstände, Temperatur- und Lichtverhältnisse wurde stante pede als "erdgewachsene Industrie" mit dem Charakter einer gleichsam erweiterten Natur belegt.29

 

Die räumliche "Außenseite" von Ideologien und Autarkien

"Fabricare necesse est, vivere necesse non est." Notwendig ist die Produktion, nicht das Leben. (Giselhard Lepsius, 1906)30

Lenz5.GIF (20728 Byte) Die Entstehung konkurrierender Flächenansprüche – Luftbild aus einem Ballon mit Tagebauen in schachbrettartiger Agrarlandschaft um 1930 (Kreismuseum Bitterfeld, V/VI 5644)

Im Großraum Bitterfeld war die Devastierung der Landschaft in den zwanziger Jahren so weit fortgeschritten, daß der Flächenumfang des Ödlandes mehr Raum als sämtliche Gewässerflächen des Kreisgebietes in Anspruch nahm.31 Allein zwischen 1913 und 1925 waren die Ackerbau- und Weideflächen um 31 % zurückgegangen, hatten die Ödlandflächen um 133 % und die bebauten Gebiete um 28 % zugenommen. Der Aufwuchs der Öd- und Umlandflächen des Kreises Bitterfeld war damit der zweitgrößte aller preußischen Landkreise.32 Eine Dimension, die keineswegs verwundert, weist doch die Betriebszählung von 1925 für den gesamten mitteldeutschen Raum neben einer großen Zahl aufgeschlossener Tagebaue mehr als 3000 chemische Betriebe mit mehr als 110.000 Beschäftigten, d.h. in beiden Fällen rund 35 % der Kapazitäten des gesamten Deutschen Reiches, aus.33 Die Bewohnerzahl war innerhalb von 90 Jahren um das 1½-fache gewachsen.

"Der Vormarsch der Industrie ist unaufhaltsam", kolportierten Ende der zwanziger Jahre die "Halleschen Nachrichten", "eine Welt, in der nach Hunderten von Pferdestärken und Atmosphären gerechnet wird, überrennt hier in fieberndem Tempo den Lebensrhythmus von gestern." 34 Mit seiner Beschreibung hatte das Blatt nicht ganz Unrecht. Trachtete der Staat zunächst "dem Gewerbebetriebe keine schädliche Fessel" anzulegen, so ging die Justiz mit dem Urteil des Reichsgerichtes vom 6. Oktober 1915 noch darüber hinaus. Darin wurde die absolute Dominanz industrieller Entwicklung für bestimmte Gegenden – und hierzu muß auch der mitteldeutsche Raum gezählt werden35 – als "ortsüblich", d. h. in seinen ökologischen wie sozialen Folgeerscheinungen weitgehend entschädigungsfrei angesehen.36

Generell wurden im Ersten Weltkrieg die Abbaufelder und -betriebe der Kohlegewinnung zusammengefaßt, ihr Maschinenpark mechanisiert und elektrifiziert. Die Braunkohleförderung im Bitterfelder Revier stieg von knapp vier Millionen Tonnen im Jahre 1914 auf über sieben Millionen Tonnen am Ende des Krieges.37 Zum Pendant des Granattrichters an der Front wurde der Kohletrichter in der Heimat.

Im Bund Heimatschutz fokussierten sich die nach "Wiederbelebung der Heimat im Sinne vorindustrieller Tradition" strebende Bevölkerungsgruppen, die versuchten, solcher Entwicklung eine nicht näher definierte vorindustrielle landschaftliche Harmonie als Markscheide des Erstrebenswerten entgegenzusetzen.38 Bemerkenswerterweise fiel das Urteil des langjährigen Vorsitzenden des Bundes, Paul Schultze-Naumburg, der in der Hochphase der Industrialisierung keinen agrarromantischen Reanimierungsversuch eines räumlichen Artefakts – vom Gartenzaun bis zur Werbetafel – unversucht ließ,39 bezüglich des Bergbaus und seines geradezu grundlegenden landschaftlichen Wandels realitätsbezogen resigniert aus: "Der Abbau von Braunkohlen hat insofern dem Landschaftsbilde großen Schaden getan, als er die Feldflur idyllischer Dörfer in Industriegegenden umwandelte. Doch können wir von der Gewinnung dieses für unser Leben so wichtigen Stoffes der Kohle in jederlei Form nicht absehen, und so müssen wir diese Folgen hinnehmen. Die Gruben an sich sind nicht häßlich , sondern haben oft etwas von gigantischer Größe."40 Gegen Ende der zwanziger Jahre suchte zudem die "Mitteldeutsche Landesplanung", als freiwilliger Zusammenschluß zur Raumordnung, durch die Aufstellung sogenannter Wirtschaftspläne für Verdichtungsräume der neuen sozioökonomischen Raumsituation Rechnung zu tragen.41 Bezüglich der Artikulation von Interessen und Konfliktpotentialen war ihr damit ein Erfolg beschieden, ihr räumlich gestaltender Einfluß blieb indes beschränkt.

Teile der Bevölkerung in der Weimarer Republik begriffen den von Umweltproblemen und tiefgreifenden sozialen Verwerfungen getragenen Prozeß der industriellen Entwicklung nicht als gesellschaftlichen Auseinandersetzungsprozeß, sondern als beklagenswerten Verfall aller kulturellen Werte. Andere Interessengruppen trachteten danach, der entstehenden Industrielandschaft den Charakter einer zweiten Natur anzudichten. Beide Strömungen konnten sich in einer nationalsozialistischen Ideologie der "Harmonie von Natur und Technik" 42 wiederfinden, welche ein industrialisiertes Dasein mit agrarromantischem Vokabular verklärte und zur Einheit einer "Natur aus Eisen" stilisierte.

Lenz6.GIF (17007 Byte) Ideologische Syntheseversuche von "Natur und Technik", 1943 (Hauptkulturamt der Reichspropagandaleitung der NSDAP (Hrsg.), Ich Kämpfe. München 1943, S. 65)

Stark propagandistisch durchsetzt war dabei das Natürliche, ein dem "nationalsozialistischen Wesen" entsprechendes. Unter dem Stichwort "Zurück zur Natur" wurde so aus einer ehemaligen Hochhalde "ein Kreis aus Pyramidenpappeln ... mit einer Feuerstelle für nationale Aufmärsche".43 Pflanzungen von "Hitler-Eichen" und aufwendige Erntedankfeste der Nationalsozialisten im Wörlitzer Park bei Dessau suchten in den dreißiger Jahren ein Bild ländlicher Verbundenheit mit "Pferd und Forke" zu situieren,44 umfängliche Naturschutzgesetzgebungen der industriekritischen Stimmung scheinbar Gehör zu verschaffen,45 während die Realität des Vierjahresplanes im Bitterfelder Raum kaum noch Wohnungsbauten zuließ, da ein Großteil der Freiflächen zum Kohleabbau projektiert war.46 Letztlich widmete sich auch das 1935 erlassene Reichsnaturschutzgesetz lediglich der Pflege eines nicht näher definierten Landschaftsbildes.47

Insgesamt praktizierte der Nationalsozialismus eine Ästhetisierung und Umbewertung der industriebedingten Zumutungen und keinesfalls eine ökologische oder soziale Reflexion der Industrialisierungsprobleme.48 Für das unverkennbar sprunghafte Anwachsen der technisch-industriellen Sphäre sollte mittels einer dem "deutschen Wesen gemäßen Technik" ein dem "arischen Sein innewohnender" kulturvoller materieller Ausdruck gefunden werden; die Gestaltkraft der Technik wurde zur Schicksalsfrage der Nation erhoben.49

Lenz7.GIF (23735 Byte) Fabriken sprießen zu neuer Landschaft – NS-Ankündigungspolitik 1936 (Von Werk zu Werk – Monatsschrift der Werksgemeinschaft der I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft, November 1936)

Im Rahmen ihrer Kriegs- und Autarkiepolitik verlegte die nationalsozialistische Regierung zahlreiche Betriebe in das rohstoffreiche und vermeintlich "luftkriegsfreie" Mitteldeutschland.50 Der 1936 verkündete Vierjahresplan und die wehrwirtschaftliche Erzeugerplanung mit ihren Zielen, Militär und Wirtschaft bis zum Jahre 1940 kriegsfähig zu machen, suchte eine 100prozentige Rohstoff-Selbstversorgung zu realisieren. "Erweiterung der Rohstoffgrundlage durch Aufbau von Produktionen aus Massenbestandteilen der heimischen Erdrinde" hieß jetzt der Leitspruch naturräumlicher Ausbeutung.51 Kunstfasern und kriegswichtiges Leichtöl, vielfältige Güter der hochenergetischen Aluminiumerzeugung und Junkers Flugzeuge verließen nun die Produktionsareale. Während ein Bericht an die Energieaufsichtsbehörde aus dem Jahre 1938 den Elektrizitätsverbrauch in Mitteldeutschland fast lapidar als "seit der Machtübernahme ... stark angestiegen"52 vermerkte, sprach die Presse von einer mehr als 100prozentigen Steigerung des Verbrauchs mit "anwachsender Tendenz" zwischen 1933 und 1938.53 Dabei besaß Mitteldeutschland als einzige Energiequelle seine "schwarzen Diamanten", da andere Energieträger nicht verfügbar waren und eine Aussiedlung von Betrieben aus kriegswirtschaftlichen Gründen unmöglich war.54

Das Leben des einzelnen bestand bald aus der "naturgemäßen" Ein- und Unterordnung in das kämpferische "Werden und Vergehen" der Volksgemeinschaft.55 Das Versprechen eines Eigenheims im Grünen für die vermeintlich "entwurzelten Stadtmenschen" wurde nie eingelöst.56 Der sogenannte "Moloch Stadt" mit seinen "Naturabgelösten, Asphaltmenschen und Kaffeehausliteraten"57 wurde keineswegs reformiert, sondern um Kleinstwohnungen mit "agrarromantischen Außenklos" 58 und Geschoßwohnungsbau auf niedrigstem Niveau ergänzt, ehe die Stadtbewohner im Rahmen des Krieges in Kellern oder Behelfsbaracken die Erfüllung des "nationalsozialistischen Siedlungswerkes" erfahren sollten. Der Reichsarbeitsdienst realisierte ein Infrastrukturprogramm zu Billiglöhnen,59 dessen Naturverbundenheit in "freiem Oberkörper", Melioration von Sumpfgebieten und der Pflege von Baumbeständen auf den Mittelstreifen der Dessauer Autobahn bestand.60

Lenz8.GIF (29111 Byte) Stilisierte „Eiserne Landschaft" – Kraftwerk Zschornewitz, 1934 (Die Heimat-Illustrierte Beilage des Anhalter Anzeigers vom 14. Ostermond 1934)

Als dann unter Kriegsbedingungen schließlich alle Arbeit hatten, realisierte sich die "Arbeitsschlacht" in 14-Stunden-Schichten, die für den Besuch der im Programm "Schönheit der Arbeit" 61 erstellten "begrünten Pausenplätze" noch ganze 15 Minuten ließ. Während in den Betriebszeitschriften der dreißiger Jahre noch das technische Schaffenswerk in Abgrenzung zur Natur stilisiert wurde, sollte auch der Tonfall der Propaganda bald "existentieller" werden. "Man hört zwar draussen viele Klagen, Man hört sie schimpfen, hört sie sagen, Dass Bitterfeld ein übles Nest – Vom Schlechten ist ein schlimmer Rest. Wer solches sagt, Der weiss wohl kaum - Grad durch die Arbeit schafft man Raum Für Fröhlichkeit, Gesang und Wein, Denn die Natur macht`s nicht allein." 62 Sinn des Lebens wurde in der Folgezeit, in verbrämender Analogie zu den Kreisläufen der Natur, ein "Stirb und Werde im Elektrizitätsland",63 ebenso wie die Abgaswolken und Schlote des vielgeschmähten Kraftwerkes Zschornewitz zur Ausdrucksform unserer Zeit, "einer Sinfonie aus Stahl",64 mutierten. Seine Anlagen schufen nun aus den Fördermengen der krebsgeschwürartig wuchernden Tagebaue die Energiemengen, die zum Betrieb der vermeintlich "luftkriegssicheren" Industriepotentiale eines Angriffskrieges notwendig waren.

Der Raum Dessau-Bitterfeld bezahlte diesen Prozeß mit einer weiträumigen physiognomischen wie ökologischen Zerstörung: Neue Fabrikschlote und Tagebauhalden - keine Naturschutzgebiete. Kalte Steinpaläste und Behelfsheime, Wohnungsmangel und Arbeitslager. Autobahnen mit Brückenbauwerken und Tankstellen "herrlich ins Landschaftsbild integriert", die keine "rassefremden" Douglasien und Wellingtonien dulden wollten, aber Geschütze und Panzerkolonnen. Flugplätze und Motorenprüfstände sowie die Schlagbäume der militärischen Übungsgelände, das waren und sind die Landmarken der nationalsozialistischen Zeit in der Region. Eine "eherne Scholle", die keine Widersprüche, sondern nur Synthese duldete.

Die Regierung der DDR versuchte nach 1945, die wirtschaftlich durch Zerstörung und Reparationen65 problematische Nachkriegssituation Ostdeutschlands durch die Etablierung einer Zentralverwaltungswirtschaft nach sowjetischem Vorbild zu überwinden und auf diesem Wege durch die Auflösung des Gegensatzes von Kapital und Arbeit die BRD zu überflügeln. Dabei knüpfte sie in ihrer industriellen Restrukturierung an die Schwerpunkte der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft an.66 Alte Standorte wurden rekonstruiert, abermals die Kohle als zentraler Energieträger ausgebaut und Bitterfeld zum zentralen Substitutionsort der lückenhaften chemischen Grundstoffbasis ausgebaut.67

Lenz9.GIF (14412 Byte) Schönheit aus Kohle und Chemie – Werbefotographie Ende der fünfziger Jahre (Kreismuseum Bitterfeld, V/VI 7408)

Der Vorkriegsstand der Förderleistung an Rohbraunkohle wurde in den fünfziger Jahren wieder erreicht; trotzdem blieb die energetische Situation noch längere Zeit instabil.68 Eine gesicherte Energieversorgung beruhte nun aufgrund der politischen Blockbildung sogar gesamtstaatlich auf Braunkohle. Mehr Kohle wurde gleichsam zum Synonym für mehr Wohlstand.69 Mit dem Ausbau großflächiger Tagebaue, wie in der Goitzsche bei Bitterfeld, konnten die Versorgungsquantitäten zusehends abgesichert und der soziale Wohlstand in Wohnungsbau und Konsumbereich befördert werden, ohne indes qualitative und ökologische Probleme vor dem Hintergrund quantitativer Planzielfestschreibungen lösen zu können.70 Versuche eines energetischen Splitting wurden im Kontext der Ölkrise von 1973 zur Illusion, nachdem auch die Sowjetunion Gas und Öl zu Weltmarktpreisen veräußerte und die DDR zum nochmals verstärkten Rückgriff auf heimische Braunkohle gezwungen war.71 Bis zu 85 Prozent der Stromversorgung der DDR wurden nun allein aus der Braunkohle gewonnen72 und dabei wurde für entsprechende Förderleistungen eine Fläche in der halben Größe der Insel Rügen bergbaulich behandelt.73

Lenz10.jpg (35178 Byte) Die Interessenidentität von Natur und Gesellschaft – Tagebau Goitzsche bei Bitterfeld, 1968
(Kreismuseum Bitterfeld, V/VI 8031)

Im Kontext der Überwindung privatkapitalistischer Interessenlagen wurden Nutzung und Schutz der Natur nicht mehr als Antagonismen begriffen, sondern als eine gesellschaftliche Aufgabe "zur sinnvollen Gestaltung der natürlichen Umwelt und zum wirksamen Schutz der Natur mit dem Ziel der Erhaltung, Verbesserung und effektiven Nutzung der natürlichen Lebens- und Produktionsgrundlagen der Gesellschaft".74 Ausgangslage war per definitionem die Sichtweise einer "Einheit von Natur und Gesellschaft",75 die in Konsequenz in der Wahrnehmung des Naturraumes als einer existenten Ressourcenlagerstätte beruhte. Ein Auszug aus einem Kinderlied der sechziger Jahre offenbart hier mehr als jede Statistik. Das Lied lautet: "Guten Morgen, liebe Erde, im Schacht schwarz und schwer. Gib uns Kohle, wir frieren und die Eimer sind leer. Greift nur zu! sagt die Erde, den Bagger holt her, im Ofen schürt Feuer, dann friert ihr nicht mehr." 76 Zahlreiche Restlöcher des Bergbaus wurden zum Verkippen von Schadstoffen genutzt oder in ihrem Zustand belassen.77 Andere bergbauliche Flächen wurden rekultiviert, obwohl die "nicht erneuerbaren Naturressourcen, wie Lagerstätten von Kohle, Erdöl und Erdgas", Anfang der achtziger Jahre "nicht mehr unmittelbarer Gegenstand" einer sozialistischen Landeskultur sein sollten.78

Die soziale Kategorie der Nutzung natürlicher Ressourcen wurde mittels Umsiedlung in einen anderen Lebensraum gelöst. Zahlreiche Gemeinden wurden aufgrund des Angewiesenseins auf die Braunkohle überbaggert. Die Einwohner mußten im Regelfall aus ihrer dörflichen Landschaft in eher städtische Quartiere umziehen. Fast schon an militärische Formen erinnert das Zeremoniell in den Chroniken der abgebaggerten Orte, wenn, wie bei der Verlegung des Dorfes Mutschau im Jahre 1957, von "stolzer Trauer im Orte" die Rede ist. Zugleich sollte mit Fotografien von Gesprächsrunden der umgesiedelten Einwohner vor den Türen der Großblockbauten dörfliches Leben suggeriert werden.79 Bis zur sogenannten Wende wurden "zum Wohlstand aller Bürger", wie es hieß, in Mitteldeutschland 120 Gemeinden ganz oder teilweise verlegt und über 45.000 Menschen umgesiedelt.80

Die DDR überzog den Landschaftsraum zwischen Dessau und Bitterfeld mit Feldern schematisch angelegter Betonwürfel von ästhetisch bescheidener Gleichheit, offengelassenen oder teilrekultivierten Kohleentnahmestätten und industriellen Produktionstätten, die im Sozialismus am Ende Arbeitsbedingungen wie im Kaiserreich aufwiesen.81 Abermals waren der Raum und die darin lebenden Leute zur aufbrauchbaren Produktivkraft geworden und die Frage von Nutzung und Schutz der Landschaft zu einer Losung ohne Lösungsansatz. Eine zentral gelenkte Autarkiewirtschaft hatte Raum und Umwelt zur frei verfügbaren Masse ihrer ökonomischen wie ideologischen Affirmationen degradiert.

Lenz11.GIF (21195 Byte) Beräumte industrielle Restmengen – Kraftwerk Süd in Bitterfeld kurz vor der Sprengung der Schornsteine, 1993 (ÖSEG Bitterfeld)

Mit dem Ende der DDR geriet dieser historisch gewachsene räumlich-bauliche Flickenteppich in eine Abräum-, Aufräum- und Ansiedlungseuphorie, die sich zu weiterer Destrukturierung des Devastierten anschickte. Dabei hatten sich die mehr als hundertjährigen Artefakte der Industriekultur in den Köpfen ihrer Anwohner zu einer biographisch bedingten Landschaftsstruktur verschmolzen. Für sie wurde keineswegs ein gesichtsloses Nebeneinander abgerissen, sondern eine trotz aller Belastungen und Entbehrungen "merkwürdig" vertraute Landschaft. So erinnerte sich ein Bewohner der Kraftwerkssiedlung in Bitterfeld im Jahre 1994 rückblickend an die Energiegewinnungsanlagen des Braunkohlekraftwerk Süd folgendermaßen: "Wenn man aus der Siedlung da hinten rausfuhr, das war wie so ein Gebirge. Wenn man da so davor stand, war rechter Hand die Bekohlungsanlage, die war just hoch, - von der Bekohlungsanlage ging eine Förderbrücke rüber zum Werk, und das waren dann glaube ich 11 oder 12 Schornsteine, und die Kühltürme - ja das war wie son Festpunkt in der Landschaft - das hat dazu gehört. Es war mächtig, wenn man davor gestanden hat, und unheimlich. Wenn man aus dem Urlaub zurückgekommen ist - Autobahn und so - dann hat man das alles schon gesehen. Ja, das war zu Hause. Und das war besser gewesen als in Urlaub hinfahren und das Gebirge gesehen haben oder die Ostsee. Na klar, das war schwarz, dreckig, schmutzig - aber es hatte was." 82

Landschaft offenbart sich hier durch die Augen des Betrachters als eine soziale Konstruktion, eine "historische Momentaufnahme" 83 anthropogener Einflüsse in Wechselbeziehung zur biotischen Umwelt. Ihre physiognomische Realisierung, ihre emotionale Wahrnehmung und der Umgang mit ihr vollziehen sich im Kopf ihres Betrachters beziehungsweise seiner Vorfahren. Die Landschaft wirkt auf ihn ein und er wirkt auf sie zurück. Oder, wie es Orvar Löfgren ausdrückte: "Die wahre Landschaft ist im Kopf".84

 

Eine beliebig neu zu konfigurierende Benutzeroberfläche?

"Freizeit ist nicht nur das Gegenteil von Arbeit, sondern auch von Alltag. Wer Freizeit hat, will Tapetenwechsel. ... Den Leuten ist der Strand zu langweilig. Was sie vom Meer erwarten, finden Sie nur am Pool." (Lisa Diedrich, 1995)85

Die Beschreibung der beräumten "Industrie-als-Landschaft" durch den Bewohner der Kraftwerkssiedlung in Bitterfeld verdeutlicht ein allgegenwärtig wirksames Phänomen im Umgang mit Kulturlandschaft: Ihre "Entdeckung" korrespondiert mit ihrer Vergänglichkeit.86 Sie erlangt überhaupt erst im Prozeß des Verschwindens aus der Sphäre des Selbstverständlichen Bewußtheit und Bedeutung als Landschaft. Landschaft war und ist bei allen Versuchen möglicher Restauration und "Inschutz-Stellung" als unser "Alter ego" somit kein überzeitliches Idyll. Ihre Erfahrbarkeit korrespondiert mit unserer eigenen Gefühlswelt,87 sie ist ein Produkt des gesellschaftlichen Umgangs mit Natur,88 Resultat kultureller Ausprägung und ruft selbst wiederum kulturelle Reaktionen hervor.89

Aus der Erfahrung eines "Verschwindens der Landschaft" heraus hatte sich vor etwas mehr als hundert Jahren die "Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur" gegründet, um gegen den Zeitgeist der Industrialisierung vorzugehen, den Feind ihres Verständnisses von kulturvoller Landschaft.90 Heute werden die Entnahmestätten der Energie und die industriellen Ensembles der endenden Epoche der Industrialisierung, sofern sie nicht der Beseitigung von Geschichte zwecks Neuaufbau zum Opfer gefallen sind, als neue Landschaft entdeckt, und man diskutiert ihre Erhaltung oder Entwicklung. Demnach ist, was einst als Feind und Gegenteil der Landschaft galt, selbst zur Landschaft geworden.91 Auch diese Entwicklung bestätigt die Annahme, daß es letztlich weder eine erstrebenswerte "vorindustrielle" Landschaft - derer wir ohne ihren Gegenspieler gar nicht bewußt geworden wären - gibt oder geben kann, noch eine verwerfliche "industrielle" Landschaft, einen wie auch immer gearteten Endzustand.

Lenz12k.jpg (22733 Byte) Blühende Landschaften nach der Wende – Einkaufspark bei Dessau 1997 (K. Vöckler, Berlin)

Was galt und gilt es nun aber zu tun mit einer möglicherweise "nachindustriellen Landschaft"? War schon Friedrich von Hardenbergs, alias Novalis`s, Suche nach der "blauen Blume" als dem Symbol kosmischer Einheit des Menschen in präindustrieller Zeit gescheitert, so erwies sich die lautstark geäußerte Metapher des Altbundeskanzlers Kohl von "blühenden Landschaften" für den Osten Deutschlands, die ohnehin ja "nur" die profane "Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilen des Landes" meinte, zusehends als Reindustrialisierungsromantik.

Die sozialen und räumlichen Konsequenzen der internationalisierten Wirtschaftspolitik der Nachwendezeit bestanden in der Schrumpfung der Betriebe auf überlebensfähige Kerne durch Massenentlassungen mit dem Plazet der Gewerkschaften beziehungsweise Betriebsräte, die eine völlige Deindustrialisierung fürchteten,92 der großflächigen Ausweisung von Gewerbegebieten auf der sogenannten grünen Wiese und dem komplexen Rückbau betrieblicher wie sozialpolitischer Einrichtungen,93 was einer Demontage von Lebens- und Arbeitswelten gleichkam. Bis Ende des Jahres 1993 wurden circa dreißig Prozent der Betriebsanlagen am Standort Bitterfeld-Wolfen geschlossen; die Kraftwerke in Wolfen und das Kraftwerk Süd in Bitterfeld wurden rückgebaut,94 ebenso das Kraftwerk Zschornewitz. "Die Zeit" titelte ironisch mit den Worten "Nach der großen Säuberung",95 und nicht nur die Frankfurter Allgemeine Zeitung konstatierte unter dem Titel "Landschaft nach der Schlacht" das Ende der industriellen Epoche als räumlichen Ausdruck menschlichen Genius und ökonomischer Verantwortungslosigkeit.96

Lenz13.jpg (34984 Byte) Landschaft des Vergessens – Sanierungsgebiet Goitzsche bei Bitterfeld nach erfolgter Flutung, 1995 (Landratsamt Bitterfeld/Stiftung Bauhaus Dessau/Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (Hrsg.) Bergbaufolgelandschaft Bitterfeld. Natur aus zweiter Hand. Dokumentation der Veranstaltung und Ausstellung vom 5.-6. Mai 1995 im Umwelt- und Naturschutzzentrum "Haus am See" in Schlaitz bei Bitterfeld. Dessau 1995,S. 13)

Dabei war für die energetische Grundlage der elektrochemischen Komplexe bis zu Beginn der neunziger Jahre bereits etwa ein Sechstel bis ein Fünftel der Gesamtfläche des Landkreises Bitterfeld von Baggern "beräumt" worden.97 Mit dem Ausbaggern der Braunkohle wurden Grundwasserhorizonte angeschnitten, so daß nachströmendes Wasser ein ständiges Abpumpen der Tagebaue, das sogenannte Sümpfen, erforderlich machte und macht.98 Die Bergbausanierungsgesellschaften projektierten zur Rekultivierung der devastierten Gebiete jenseits teilweiser Verfüllung im wesentlichen eine Flutung der entstandenen Hohlkörper mit entsprechend zu verändernden Böschungsabschrägungen.99 Somit wurde die Entwicklung einer den Bergbau "vergessen lassenden", touristisch zu nutzenden Mitteldeutschen Seenplatte im ehemaligen Kohlerevier zum Leitbild landschaftlicher Gestaltung erhoben. Allein in der Goitzsche bei Bitterfeld wird ein 60 Quadratkilometer großes "attraktives Erholungsgebiet" mit fast 24 Quadratkilometern Wasserfläche entstehen und in ganz Sachsen-Anhalt mehr als 7.000 Hektar Wasserflächen.100

Inwieweit es gelingen wird mit einer Seenlandschaft das "industrielle Image" der Bergbauregion zu wenden, bleibt abzuwarten. Angesichts des zunehmenden Anteils von arbeitsfreier Zeit in der individuellen Lebenszeit, scheint das Konzept von Freizeitlandschaften als ökonomischer Rettungsanker verständlich. Aber wie wird sich das Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit entwickeln? Wird es angesichts verkürzter Tagesarbeitszeiten viel im Rahmen der Familie zu verbringende Werktagsfreizeitaktivitäten in den Nahbereichen oder einen reisefreudigen Event-Ferntourismus mit langen Wochenenden bei kurzer Werktagsfreizeit geben?101

Solcherart Rahmenbedingungen scheinen indes in die Planungen wenig Eingang zu finden. Allein in Sachsen-Anhalt sollen in den kommenden zwanzig Jahren Gewässerflächen von über 7.000 Hektar entstehen, was der vierzehnfachen Größe des derzeit größten Binnensees des Landes, des Arendsees, entsprechen würde.102 So verkündete die Mitteldeutsche Zeitung im Februar 1997 stolz, daß die Gebietsstatistik "bald völlig neu überarbeitet werden müsse".103

Entstehen soll eine "Natur aus zweiter Hand",104 die ein völlig neues Antlitz der Region prägen soll, indes aber wohl eher eine neue, diesmal durch Wasser determinierte Monostruktur hervorbringen wird. Das Ziel der Schaffung "nachsorgefreier Landschaft" 105 durch die Bergbausanierer offenbart dabei jenseits einer Art Vollendungszwang sowohl eine äußerst statische Landschafts- als auch Naturauffassung. Hansjörg Küster begreift derartige Renaturierungsvorhaben denn auch, jenseits von Maßnahmen zur bergbaulichen Sicherung, eher als Suggestionen der Wiedergewinnung von Natur, deren Motiv im Verstecken und Vergessenlassen ehemaliger Industriegelände fuße.106

Lenz14.GIF (15224 Byte) Strukturskizze vertikaler Einflüsse auf die horizontale Landschaftsphysiognomie, M. Vroom 1992 (Schaubild des Holländers M. Vroom. In: N. Pohl, Die horizontalen Zusammenhänge. In: Topos. European Landscape Magazine Nr. 1/1992, S. 42)

Der holländische Landschaftsarchitekt Meto Vroom charakterisiert den Drang zum ästhetischen Kaschieren der Industriekultur sogar als "für den Benutzer desorientierenden Effekt", da die Beziehung zwischen der Gestalt der Landschaft und ihrer Funktion verloren gehe. Landschaft dürfe aber ihre Entstehungsweise nicht leugnen, da eine Ortslage jenseits ihrer horizontalen Zusammenhänge im wesentlichen durch vertikale Beziehungen von abiotischen, biotischen und menschlichen Eigenschaften erwachsen sei.107 Die Landschaften vom "Vergessen des Verhältnisses zwischen Ober- und Unterfläche" streben denn auch gleichsam folgerichtig, im Gegensatz zu diesem komplexen Wirkungsgeflecht, die Kreation einer "stabilen Natur" an. Da es zu den Eigenschaften der Natur gehört sich im kontinuierlichen Wandel der Sukzession zu verändern, entsteht ein nicht auflösbarer Widerspruch, der sich räumlich in der Kreation "statischer Pseudowildnis" ausdrückt.108 Die Stilisierung der auf industriellen Überbleibseln erwachsenen oder geschaffenen Landschaftsteile zu "sekundärer Naturlandschaft" 109 entspricht allerdings sehr präzise unserem Verständnis einer Natur, deren kulturalisierte Form wir paradoxerweise erst als das uns gemäße Natürliche begreifen. So konstatierte Gernot Böhme zur menschlichen "Bejahungsfreude" von Natur: "Natürlich Natur. Vorausgesetzt freilich, im Meer schwimmen keine Haifische, giftige Quallen und Plastiktüten. Vorausgesetzt, der Apfel ist nicht gerade pockennarbig und voller Würmer. Vorausgesetzt, die naturbelassene Natur ist das Paradies." 110

Davon ausgehend, daß eine Beseitigung beziehungsweise Überdeckung der "bergbaulichen Wunden" eher zur Konservierung einer bedenkenlosen Entnahmementalität von Rohstoffen beiträgt111 als diese reflexiv konterkarieren könnte, wurde im Tagebau Golpa-Nord ein Offenhalten der Grube, sowie der Umbau der Tagebaugroßgeräte zu einer "Baggerstadt Ferropolis" an der räumlichen Nahtstelle zwischen dem Historischen Gartenreich des 19. Jahrhunderts und der Industriekultur des 20. Jahrhunderts angestrebt. Einer sukzessiven Landschaftsgestaltung, der Erfahrbarkeit eines Wandels, sollte auf diese Weise Raum verschafft werden.112 Dabei sollten die fünf Bagger und Absetzer allmählich den Wandlungsprozeß von einem Baggerfriedhof und einer Brache hin zu einem neuen Ort und einer neuen Landschaft durchlaufen.113 Auch hier erwies es sich als unmöglich, das Leitbild des "blauen Sees" in Frage zu stellen. Mit Spaziergängen in der Grube, an denen seit Sommer 1995 Tausende teilnahmen um den transitorischen Charakter dieser Landschaft zu erfahren, gelang allerdings eine Öffnung des bisherigen Nicht-Ortes, den außer den ehemaligen Bergleuten niemand gekannt hatte. Der vorherige Tagebau wurde im Bewußtsein der Besucher überhaupt erst zu einer Landschaft erhoben, indem die Betrachter seine Strukturen kennenlernten.114

Lenz15k.jpg (24895 Byte) Faszination ferropolis? – Werbebroschüre 1996 (EXPO 2000 Sachsen-Anhalt GmbH, Ferropolis. Stadt aus Eisen. Dessau 1996, S. 13)

Mit der Realisierung einer eigenen EXPO GmbH im Land Sachsen-Anhalt wurden auch für die Sanierung einiger Tagebaue neue Qualitätskriterien formuliert. Nicht mehr nur sekundäre Natur, sondern der Übergang zu einer "Dritten Landschaft" nach der vorindustriellen und der industriellen sollte befördert werden.115 Fragen von Wahrnehmung und Wandel hatten infolge in Ferropolis sehr bald einer Strategie der Festivalisierung und der Situierung von Identität116 zu weichen: "Auf der 20 ha großen Halbinsel eines Braunkohletagebaus entsteht die Baggerstadt Ferropolis. Mad Max, Medusa, Mosquito und Gemini - phantasievolle Namen für vier Tagebaugroßgeräte, die zu einem gigantischen Ensemble geformt werden (d. Verf.). Der Welt größte Stahlskulptur setzt sich mit der regionalen Geschichte auseinander und entwickelt Ideen und Perspektiven für eine Zukunft der vom Bergbau gezeichneten Landschaft. Die entstehende Arena aus Eimerkettenbaggern und Absetzern schafft zugleich eine multifunktionale Kulisse für Großveranstaltungen mit mehr als 10.000 Zuschauern." 117

Der Welt größte Stahlskulptur als Denkmal "ehrenden Andenkens" zur Identitätsbildung nach der Schlacht? In einer ähnlichen Rolle wie die Kriegerdenkmäler des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, jetzt nach dem Ende der von den Nationalsozialisten emphatisch begrüßten und mittlerweile abgewickelten "Arbeitsschlacht"?

Oder handelt es sich um die Wiederentdeckung gänzlich verlorener Sinnlichkeit im industriellen Schrott? Nicht nur die zur Kulissenarchitektur degradierten Arbeitsgiganten in Ferropolis lassen diesen Aspekt nicht ganz unwahrscheinlich erscheinen. In der ehemaligen Essener Kokerei Zollverein war unlängst ein "Lunapark der schweren Industrie" 118 zu bewundern. Dort konnte man mittels eines Riesenrades, dem Symbol der Lunaparks der sechziger Jahre, in die Tiefen der energetischen Veredlungsprozesse einfahren und die stillgelegte Arbeitswelt mit dem Symbol der Vergnügungssphäre der Vergangenheit durchstreifen. Eine perfekte Synthetisierung der Antagonismen von Arbeit und Freizeit zu einer neuen Erlebniswelt.

Manchmal keimt der Verdacht auf als würden die vergehenden Industriewelten tatsächlich zum Substitut von Natürlichkeit werden. Angesichts entfremdender Event-Räusche in Einkaufscentren, wenig greifbarer Austauschprozesse im Dienstleistungsbereich und ungreifbarer medialer Omnipräsenz,119 scheinen die in ihrer Ästhetik "einfach und großmächtig" strukturierten industriellen Artefakte, im Gegensatz zur Funktionsweise eines Microchip, happtisch wie mental begreifbar. So findet sich auch in Ferropolis die authentische Imitation von Arbeitsleben als Sinnangebot: "Ein Spektakel besonderer Art bietet sich den Besuchern wenn die Bagger für kurze Zeit zum Leben erweckt werden. Die mächtigen Arme der Absetzer schwingen sich über den Platz, und die Eimerketten nehmen rasselnd und quietschend ihre Arbeit wieder auf." 120 Tausende säumen solcherart Ästhetisierungen von harter Arbeit und landschaftlicher Zerstörung. Sie scheinen sowohl eine Sehnsucht nach Größe wie auch nach dem Begreifbaren, dem Einfachen, zu befriedigen. Gebraucht man Natürlichkeit im Sinne von Ursprünglichem versus den Zivilisationserscheinungen121 der Gegenwart, scheinen die Baggergiganten und Industrieschlote merkwürdigerweise angesichts unserer historischen Entwicklung weit prädestiniertere und naheliegendere Symbole unserer Abkunft zu sein als unsere belebte Lebensumwelt.

Ist demzufolge die vom Bewohner der Kraftwerkssiedlung wahrgenommene Industrie-Landschaft schlichtweg ein unserer Natur entsprechender kultureller Ausdruck? Oder sind die Gewohnheiten der Wahrnehmung durch den langfristig wirksamen Prozeß des Umbaus unseres Gegenstandes der Wahrnehmung, nämlich der Natur respektive der Landschaft, durch zunehmende Ferne von der biotischen Umwelt zu einem "regressiven Sehen" 122 und Gestalten verkümmert?

Lenz16.GIF (19736 Byte) "Neue Natur"? – ein künstliches Netzwerk vertikal gestapelter Landschaften, MVRDV 1997 (MVRDV, Niederländischer Pavillon EXPO 2000 Hannover. In: P. Neitzke u.a. (Hrsg.), Centrum 1999-2000. Jahrbuch für Architektur und Stadt. Basel 1999, S. 95)

Konterkarriert in diesem Kontext der Vorschlag der holländischen Architektengruppe MVRDV für den niederländischen Pavillon der internationalen Weltausstellung EXPO in Hannover diesbezügliche "Naturalisierungserscheinungen" von Kulturlandschaft oder realisiert das Architektentrio hier nur eine neue Spitze des auf den Kopf gedrehten Eisberges? Vor dem Hintergrund von räumlicher Knappheit und grundsätzlicher Künstlichkeit der niederländischen Landmasse durch Eindeichung plädieren sie für eine "buchstäblich und metaphorisch neue Natur".123 Der Entwurf des Pavillon, bei dem die klare Trennung zwischen Außen- und Innenraum aufgehoben wird, hebt die Machbarkeit und Künstlichkeit "ihrer Natur" hervor. Im Gegensatz zur vertikal in die Tiefe gehenden Flächenentnahme des Kulturträgers Braunkohle wird hier eine hergestellte, eine künstliche Natur, vertikal in die Höhe verstapelt, d. h. "völlig unterschiedliche Landschaften – Sümpfe, Wälder, Tomatenplantagen, Seen etc. – werden übereinandergeschichtet." 124 Ein künstliches, vernetztes Ökosystem, welches als gestapelte Landschaft sowohl Bürokommunikation als auch pflanzliche Biomasse hervorbringt und seinen Primärenergiebedarf von Sonne, Wind und Wasser bezieht.

Ob dieses Experiment mehr als nur ein Symbol außergewöhnlicher Künstlichkeit zukünftiger Lebenswelt und ihrer Reproduzierbarkeit sein wird, bleibt zunächst dahingestellt. Zumindest verzichtet es kosequenterweise auf den naturalisierenden Schleier gegenwärtiger landschaftlicher Gestaltungsfragmente und wird so ausgesprochen prägnant zum Spiegel wie Disputationspunkt unserer Lebensweise.

Anmerkungen

1 1 A. v. Humboldt, Kosmos für die Gegenwart bearbeitet von H. Beck. Stuttgart 1978, S. 12. (Erstausgabe 1845).

2 2 Vgl. dazu und zu folgendem: F. v. Hardenberg (Novalis), Bericht an Abraham Gottlob Werner vom 28. April 1800 (Über unsere Erdkohlenlager). Faksimileausgabe der Berkakademie Freiberg, Freiberg 1992, S. 773-790.

3 3 H.-J. Mähl/R. Samuel (Hrsg.), Novalis. Werke in einem Band. München/Wien 1984; S. 296.

4 4 Vgl. E. Obst, Bitterfeld und Umgebung nebst Industrie, Handel und Gewerbe in Wort und Bild. Halle 1991. Reprint der Ausgabe Bitterfeld 1909, S. 47f.

5 5 Vgl. dazu beispielsweise: Kreismuseum Bitterfeld, Wochenblatt für den Bitterfelder Kreis vom 9.2.1850, 21.9.1850 und 26.7.1851. Der Holzdiebstahl wurde im 19. Jahrhundert zum häufigsten Delikt in der preußischen Provinz Sachsen.

6 6 Bestandsaufnahme aus dem Jahre 1834. Vgl. A. Rudolph, Wirtschaftsgeographie des Kreises Bitterfeld. Halle a.d.S. 1930, S. 90.

7 7 Vgl. J. Radkau, Einige Gedanken zur Periodisierung der Geschichte der Arbeits- und Umweltrisiken. In: Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte (Hrsg.), Arbeitsschutz und Umweltgeschichte. Köln 1990, S. 22.

8 8 Vgl. R. P. Sieferle, Rückblick auf die Natur. Eine Geschichte des Menschen und seiner Umwelt. München 1997, S. 80ff.

9 9 F. v. Hardenberg (Novalis), Bericht an Abraham Gottlob Werner a.a.O., S. 780.

10 10 Vgl. Landesarchiv Merseburg, I.G. Farbenindustrie, Chemische Werke Bitterfeld, Nr. 819. Bericht über noch käufliche Kohlefelder vom 10. Febuar 1898, S. 120.

11 11 Stadtarchiv Bitterfeld, Archivnummer 952: Grundstücksbüro-Kohleabbauverträge, hier: Vertrag über ein Kohlefeld zwischen der Stadtgemeinde Bitterfeld und der Greppiner Werke AG vom 14.3.1894, S. 18.

12 12 Vgl. Landesarchiv Magdeburg-LHA-, Betriebsergebnisse über verschiedene Produkte 1896-1906, L.Nr. 101,819, Schreiben der Griesheim-Elektron vom 27. Januar 1906.

13 13 Vgl. Landesarchiv Magdeburg-LHA-, Erläuterungen zu der Bekanntmachung des Reichskanzlers, Rep C20I, Ib Nr. 2564 IV.

14 14 W. Rathenau, Elektrochemische Werke. In: Die Zukunft Nr. 48/1895, S. 427.

15 15 Vgl. W. Bellmann, 150 Jahre Bitterfelder Braunkohlenbergbau Teil 1. In: Heimatkundliche Schriftreihe des Stadtmuseum Bitterfeld H. 3 o. J., S. 36.

16 16 Vgl. dazu:G. Bayerl, Prolegomenon der "Großen Industrie". Der technisch-ökonomische Blick auf die Natur im 18. Jahrhundert, in: Umweltgeschichte. Umweltverträgliches Wirtschaften in historischer Perspektive. Acht Beiträge, hrsg. von W. Abelshauser, Göttingen 1994, S.29-56 = Geschichte und Gesellschaft: Sonderheft 15, S. 29ff.

17 17 Vgl. E. Obst, Das Absterben der Bitterfelder Walddenkmäler. In: Unsere Heimat Heft 3/4/1922, S. 48

18 18 Ders., Beschreibung und Geschichte des Kreises Bitterfeld: Ein Handbuch für Schule und Haus. Bitterfeld 1887/88, S. 34

19 19 Vgl. A. Rudolph a.a.O., S. 143

20 20 Vgl. J. Hasse, Heimat und Landschaft. Über Gartenzwerge, Center Parcs und andere Ästhetisierungen. Wien 1993, S. 13.

21 21 Vgl. G. Spelsberg, Rauchplage: Zur Geschichte der Luftverschmutzung. Köln 1988, S. 183.

22 22 A. Fürst, Das elektrische Licht. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 1926, S. 7.

23 23 Vgl. Preußisches Statistisches Landesamt (Hrsg.), Kreisliste der gewerblichen Niederlassungen: Tabelle 7 der Betriebszählung vom 16. Juni 1925. Berlin 1925.

24 24 Vgl. A. Rudolph a.a.O., S. 79f.

25 25 Vgl. R. P. Sieferle, Die totale Landschaft. In: Kursbuch 131/März 1999: Neue Landschaften, S. 160

26 26 Vgl. K. Wiegmann, Schienenzeit. In: Internationale Bauausstellung Emscher-Park GmbH (Hg) Feuer & Flamme: 200 Jahre Ruhrgebiet. Essen 1994, S. 111.

27 27 Vgl. Meyers Konversationslexikon. Eine Encyklopädie des allgemeinen Wissens, Leipzig 1877, S. 565f.

28 28 J.-Chr. Bailly, Der freie Gebrauch des Eigenen (Wechsel, Schwellen, Übersetzungen), in:documenta GmbH (Hrsg.): documenta - documents 1, Kassel 1996, S. 28

29 29 Vgl. dazu: G. Lenz/F. Pröfener, "Eine erdgewachsene Industrie?" - Aus dem Bilder- und Vorstellungsangebot einer entstehenden Industrielandschaft 1837-1929, Dessau 1996

30 30 G. Lepsius, Belehrung der Arbeiter über Giftgefahren in gewerblichen Betrieben. 1906. Zit. nach A. Andersen, Historische Folgenabschätzung: Das Beispiel des Metallhüttenwesens und der Chemieindustrie. In: W. Abelshauser, Umweltgeschichte: Umweltverträgliches Wirtschaften in historischer Perspektive. Göttingen 1994, S. 99.

31 31 Vgl. A. Rudolph a.a.O., S. 35

32 32 Vgl.: Zeitschrift des Preußischen Statistischen Landesamtes, 65. Jg., 1926, S. 350ff.

33 33 Vgl.: Kirchhoff, F.-W.: Impulse aus Mitteldeutschland 1800-1945, Hanau 1992, S. 131.

34 34 Vgl. Hallesche Nachrichten Nr. 137, 1928.

35 35 Vgl. G. Lenz, Verlusterfahrung Landschaft. Über die Herstellung von Raum und Umwelt im mitteldeutschen Industriegebiet seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Frankfurt/New York 1999, S. 56ff.

36 36 Vgl. GStAP RG Urteilssammlung in Zivilsachen 16-30, 6. Oktober 1915, Bl. 7-8RS, zit. nach F.-J. Brüggemeier/T. Rommelspacher, Blauer Himmel über der Ruhr. Geschichte der Umwelt im Ruhrgebiet 1840-1990. Essen 1992, S. 169.

37 37 Vgl. W. Hoffmann, Die mitteldeutsche Wirtschaft. Freiberg 1929, o. S.

38 38 Stadtarchiv Dessau, Unser Anhaltland: Illustrierte Wochenschrift für Kunst, Wissenschaft und heimatliches Leben Nr.41/1901.

39 39 Vgl. P. Schultze-Naumburg, Die Entstellung unseres Landes. O.O. 1908

40 40 Ders., Kulturarbeiten Bd. 8: Die Gestaltung der Landschaft durch den Menschen, II. Teil: III Der geologische Aufbau der Landschaft und die Nutzbarmachung der Mineralien, IV Wasserwirtschaft. München 1916, S. 92ff.

41 41 Vgl. Landesplanung Merseburg u.a. (Hrsg.), Planungsatlas: Landesplanung im engeren mitteldeutschen Industriebezirk, ihre Grundlagen, Aufgaben und Ergebnisse. Merseburg 1932.

42 42 Vgl. dazu K.-H. Ludwig, Technik und Ingenieure im Dritten Reich. Düsseldorf 1979, S. 337f.

43 43 Vgl. Stadtarchiv Dessau, Die Heimat: Illustrierte Beilage des Anhalter Anzeigers vom 27.10.1934 und vom 5.12.1936.

44 44 Vgl. Stadtarchiv Dessau, Die Heimat vom 5. Mai 1934; ebenso, Archiv Industrie- und Filmmuseum Wolfen, Von Werk zu Werk: Monatsschrift der Werksgemeinschaft der I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft, Oktober 1936.

45 45 Vgl. ebenda, Von Werk zu Werk, März 1936.

46 46 Vgl. Landesarchiv Magdeburg-LHA-, Rep C20 Ib, Nr. 4809. Bericht des Treuhänders der Arbeit vom 20.2.1937, S. 16ff.

47 47 Vgl. K. Runge, Die Entwicklung der Landschaftsplanung in ihrer Konstitutionsphase 1935-1973. Berlin 1990, S. 37.

48 48 Vgl. G. Lenz/F. Pröfener, Naturverbundenheit und industrielle Zerstörung während der nationalsozialistischen Herrschaft. Zeugnisse einer umfassenden Mobilmachung der regionalen "Landschaft". Dessau/Köthen 1996, S. 24.

49 49 Vgl. U. Troitzsch, Technikgeschichte in der Forschung und in der Sachbuchliteratur während des Nationalsozialismus. In: H. Mehrtens/S. Richter, Naturwissenschaft, Technik und NS-Ideologie: Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte des Dritten Reiches. Frankfurt/M. 1980, S. 216f.

50 50 Archiv Industrie- und Filmmuseum Wolfen, Von Werk zu Werk, November 1936.

51 51 Ebenda, November 1940.

52 52 Landesarchiv Merseburg, Rep I, I.G. Farbenindustrie, Chemische Werke Bitterfeld, Nr. 1150, Bericht zum Besuch der Energieaufsichtsbehörde vom 15.1.1938.

53 53 Vgl. Rheinisch-Westfälische Zeitung vom 25., 26. und 28. Februar 1939 nach einer Bereisung Mitteldeutschlands.

54 54 Vgl. Landesarchiv Merseburg, Rep I, I.G. Farbenindustrie, Chemische Werke Bitterfeld, Nr.1141, Bericht über den Energieausbau in Mitteldeutschland vom 1.2.1943, S. 13f.

55 55 Vgl. dazu die "Totenkultfeiern". In: Stadtarchiv Dessau, Die Heimat vom 21. November 1936; Archiv Industrie- und Filmmuseum Wolfen, Von Werk zu Werk, Januar 1936.

56 56 Vgl. A. Teut, Architektur im Dritten Reich 1933-1945. Berlin u. a. 1967, S. 251.

57 57 Vgl. H. Schwenkel, Grundzüge der Landschaftspflege. Neudamm/Berlin 1938, S. 162 f.

58 58 Vgl. H. Barth/L. Hellberg, Die Legende vom Glück auf eigener Scholle. Dessauer Siedlungsbau in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. In: Dessauer Kalender 40. Jg./1996, S. 10 ff.

59 59 Vgl. G. Lenz, Verlusterfahrung Landschaft a.a.O., S. 121.

60 60 Vgl. Stadtarchiv Dessau, Die Heimat vom 27. Mai 1939

61 61 Vgl. G. Lenz, Verlusterfahrung Landschaft a.a.O., S. 127f.

62 62 Kreismuseum Bitterfeld, I.G. Farben AG Bitterfeld (Hrsg.), Jubiläums-Zeitungen 1910-1935. Gedicht anläßlich eines Betriebsjubiläums 1935. Bitterfeld (masch.).

63 63 Vgl. Stadtarchiv Dessau, Die Heimat vom 17. Lenzmond 1934.

64 64 Stadtarchiv Dessau, Die Heimat vom 14. April 1934.

65 Vgl. für den Bereich der Gruben- und Veredelungsbetriebe: Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft m.b.H. (Hrsg.), Der mitteldeutsche Braunkohlenbergbau – Geschichte. Gegenwart und Zukunft. Theißen 1998,S. 25.

66 66 Vgl. W. Matschke, Die industrielle Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) von 1945-1948. Berlin 1988, S. 160.

67 67 Vgl. Vorstand der Chemie AG Bitterfeld-Wolfen (Hrsg.), Bitterfelder Chronik. 100 Jahre Chemiestandort Bitterfeld-Wolfen. Bitterfeld/Wolfen 1993, S. 81.

68 68 Das Kohle- und Energieprogramm vom 21.3.1957 suchte dieser Problematik Rechnung zu tragen, ohne diese indes gänzlich lösen zu können. Vgl. P. Hübner, Zum Kohle- und Energieprogramm der DDR 1957. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft H. 3/1984, S. 195ff.

69 Vgl. G. Lenz, Das braune Gold – Braunkohle und ihre Altlasten. In: F.-J. Brüggemeier u.a. (Hrsg.), unter strom. Energie, Chemie und Alltag in Sachsen-Anhalt 1890-1990. Wittenberg 1999, S. 68.

70 70 Sowohl der mit einem Viertel bis zur Hälfte der Gesamtförderung sehr hohe energetische Eigenverbrauch der Kohlegewinnung, der Flächenverbrauch, die Problematik des Grundwasserentzugs als auch das zum Teil betriebswirtschaftlich unsinnige Abraum-Kohle-Verhältnis konnten letztlich nicht befriedigend gelöst werden. All diese Faktoren traten zur Erfüllung des Planzieles der Kohleförderung des öfteren in den Hintergrund.

71 71 Vgl. V. Wörl, Der zentrale Plan-Fessel der Freiheit. In: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.), Markt oder Plan. Wirtschaftsordnungen in Deutschland 1945-1961, Frankfurt/New York 1997, S. 187f.

72 72 Vgl. D. Böcker, Perspektiven des Braunkohlenbergbaus in Deutschland. In: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Gesprächskreis Politik und Wissenschaft: Die Zukunft des Braunkohlenbergbaus in Deutschland. Bonn 1992, S. 6ff.

73 73 Vgl. Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft m.b.H. (Hrsg.) 1998, a.a.O., S. 28f.

74 74 H. Weinitschke, Naturschutz gestern, heute, morgen. Leipzig u. a. 1980, S. 75. Vgl. auch Landeskulturgesetz, a.a.O., § 1.

75 75 D. Graf (Hrsg.), Ökonomie und Ökologie der Naturnutzung: Ausgewählte Probleme. Jena 1984, S. 28. Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik Teil I, Gesetz über die planmäßige Gestaltung der sozialistischen Landeskultur in der Deutschen Demokratischen Republik: Landeskulturgesetz. Berlin 14. Mai 1970, Präambel.

76 76 W. Rosenheinrich, Lied von der Kohle. Den Kindern unserer Kindergärten gewidmet. In: Deubener Blätter Bd. III 1966, S. 44.

77 77 Vgl. dazu D. Barowski, Sanierungsuntersuchung Grube Johannes (Silbersee) in Wolfen/Bitterfeld: Charakterisierung des Deponiegehalts. In: J. Hille u.a. (Hrsg.), Bitterfeld. Modellhafte ökologische Bestandsaufnahme einer kontaminierten Industrieregion: Beiträge der 1. Bitterfelder Umweltkonferenz. Berlin 1992, S. 235f.

78 78 H. Weinitschke 1980, a.a.O., S. 77.

79 79 Vgl. VEB Kohlenanlagen Leipzig (Hrsg.), Mutschau. Ereignisse aus Vergangenheit und Gegenwart. Leipzig 1958, S. 70ff.

80 80 Vgl. Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft m.b.H. (Hrsg.) 1998, a.a.O., S. 29

81 81 Vgl. H.-J. Plötze, Das Chemie-Dreieck im Bezirk Halle aus Sicht des MfS. Hrsg. v. Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Sachsen-Anhalt. O. O. 1997. Dokument: Informationen über vorliegende Ergebnisse aus Untersuchungen zu einigen bedeutsamen Problemen ... 22. Mai 1987, S. 1f.

82 82 E. Schlicht/P. Trefzger, Die Straße der Chemiearbeiter. Kraftwerkssiedlung Bitterfeld. Dessau 1994 (Videofilm).

83 83 Vgl. L. Burckhardt, Landschaft ist transitorisch. In: Topos. European Landscape Magazine, Kulturlandschaft Heft 6/1994, S. 39

84 84 O. Löfgren, Die wahre Landschaft ist im Kopf. In: Topos. European Landscape Magazine, Kulturlandschaft Heft 6/1994, S. 6.

85 85 L. Diedrich, Editorial. In: Topos. European Landscape Magazine Nr. 13/1995, S. 5.

86 86 Vgl. L. Burckhardt, Landschaft ist transitorisch. Ebenda Nr. 6/1994, S. 40.

87 87 Vgl. A. Dinnebier, Landschaft sehen. In: Garten und Landschaft. Zeitschrift für Landschaftsarchitektur H. 9/1995, S. 18.

88 88 Vgl. B. Wormbs, Über den Umgang mit Natur. Landschaft zwischen Illusion und Ideal. Frankfurt/M. 1981, S. 8 f.

89 89 Vgl. O. Löfgren, 1994, a.a.O., S. 6

90 90 Vgl. H. de la Chevallerie, Zeitgeist kontra Geschichte. Gedanken für Stadt und Landschaftskultur. In: Deutsche Bauzeitschrift H. 9/1996, S. 112.

91 91 Vgl. A. Dinnebier 1995, a.a.O., S. 22.

92 92 Vgl. F.-O. Gilles/H.-H. Hertle, Industrielle Beziehungen in der Großchemie Sachsen-Anhalts: Aufbau-Struktur-Politik. In: Ministerium für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt (Hg) Der Transformationsprozeß der großchemischen Industrie Sachsen-Anhalts. Magdeburg o.J., S. 16, 20.

93 93 Vgl. M. Powell, Ökonomische und ökologische Handlungsszenarien für Bitterfeld. In: J. Hille u.a. (Hrsg.), Bitterfeld. Modellhafte ökologische Bestandsaufnahme einer kontaminierten Industrieregion: Beiträge der 1. Bitterfelder Umweltkonferenz. Berlin 1992, S. 80 f.

94 94 Vgl. Landkreis Bitterfeld (Hrsg.), Umweltreport Bitterfeld 1996. Bitterfeld 1996, S. 16.

95 95 Vgl. Nach der großen Säuberung ... . In: Die Zeit vom 26. November 1993.

96 96 Vgl. K. Schlögel, Landschaft nach der Schlacht - Besichtigung der sowjetischen und amerikanischen Industriewallstatt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21.2.1998.

97 97 Vgl. F. Eppert, Bergbaufolgelandschaft Bitterfeld. In: Landratsamt Bitterfeld/Stiftung Bauhaus Dessau/Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (Hrsg.) Bergbaufolgelandschaft Bitterfeld. Natur aus zweiter Hand. Dokumentation der Veranstaltung und Ausstellung vom 5.-6. Mai 1995 im Umwelt- und Naturschutzzentrum "Haus am See" in Schlaitz bei Bitterfeld. Dessau 1995, S. 9

98 98 Vgl. Ministerium für Umwelt und Naturschutz des Landes Sachsen-Anhalt, Landschaftsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt Teil 2: Beschreibungen und Leitbilder der Landschaftseinheiten. Magdeburg 1994, S. 201 ff.

99 99 Vgl. K.-D. Bilkenroth, Hauptlinien der Gestaltung und Renaturierung der Bergbaufolgelandschaften im Raum Bitterfeld. In: J. Hille u.a. (Hrsg.) 1992, a.a.O., S. 72 ff.

100 100 Vgl. Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (Hrsg.), Flutung der Tagebaurestlöcher Mühlbeck, Niemegk, Bärenhof und Döbern im Sanierungsgebiet Goitzsche. Bitterfeld o.J. Mitteldeutsche Zeitung vom 3.9.1997.

101 101 Vgl. dazu die Überlegungen von R. Patz/I. Kuhpfahl, Arbeit-Freizeit-Regionalentwicklung. In: Dachverband Bergbaufolgelandschaft e.V. u.a. (Hrsg.), BergbauFolgeLandschaft Jahrbuch 1997. Dessau 1997, S.64ff.

102 102 Vgl. Mitteldeutsche Zeitung vom 3. September 1997.

103 103 Vgl. ebenda, 18. Februar 1997.

104 104 Vgl. Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH, Bergbau-Landschaft-neue Lebensräume. In: Landratsamt Bitterfeld/Stiftung Bauhaus Dessau/ Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (Hrsg.) 1995, a.a.O., S. 12 ff.

105 105 E. Hildmann, Beitrag des Sanierungsbergbaus zur Umwandlung einer Industrieregion. Ziele und Probleme der Braunkohlesanierung im Raum Bitterfeld. In: Dachverband Bergbaufolgelandschaft e.V. u.a. (Hrsg.), BergbauFolgeLandschaft Jahrbuch 1996. Dessau 1996, S. 45.

106 106 Vgl. Hansjörg Küster, Atemlosigkeit im Umgang mit der Natur. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.8.1999.

107 107 Vgl. N. Pohl, Die horizontalen Zusammenhänge. In: Topos. European Landscape Magazine Nr. 1/1992, S. 42ff.

108 108 Vgl. H. Küster, 1999, a.a.O.

109 109 Der Berliner Landschaftshistoriker Gerd Gröning kritisiert das Verständnis einer "sekundären Naturlandschaft" als Prozess der Verkürzung komplexer zivilisatorischer Wandlungsvorgänge und unterstellt dieser Sichtweise eine letztlich präindustrielle Orientierung. Vgl. G. Gröning, Die Suche nach der Landschaftsmitte. In: Kursbuch Neue Landschaften H. 131/1998, S. 61.

110 110 Vgl. zum Verhältnis von Natur und Kultur: G. Böhme, Natürlich Natur. Über Natur im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt a. M. 1992, S. 9.

111 111 Vgl. B. Schellewald, Überlegungen zum Unterschied zwischen Gedächtnis und Geschichte. In: Technische Universität Braunschweig/bauhaus dessau (Hrsg.) Wunden. Braunkohlebrachen zwischen Wörlitz und Bitterfeld. Eine Aufgabe des Sommersemesters 1991 am Institut für Städtebau und Landschaftsplanung der Technischen Universität Braunschweig. Braunschweig/Dessau 1992, S. 12 f.

112 112 Vgl. M. Brück, "Ferropolis" - ein konzept für golpa nord. Erläuterungsbericht. Dessau/Koblenz 1992, S. 3 f., 6 f. (masch.).

113 113 Vgl. ebenda, Anhang.

114 114 Vgl. Stiftung Bauhaus Dessau u.a. (Hg) Golpa-Nord 6. Mai 1995. Spaziergang durch den Tagebau. Dessau/Kassel 1995, o.S.

115 115 Vgl. Projektgruppe "Umwelt-EXPO in Sachsen-Anhalt", Mensch-Natur-Technik: Die Mitteldeutsche Industrieregion auf dem Weg in das 3. Jahrtausend. Grobkonzept für die Beteiligung des Landes Sachsen-Anhalt an der EXPO 2000. Magdeburg 1994, S. 9 ff.

116 116 Vgl. S. Krätke, Stadt-Raum-Ökonomie. Basel 1995, S. 258. Im Gegensatz zur Vorstellung von Identität als etwas traditionell "Gewachsenem", beziehungsweise als selbstreflexivem Bewußtseinsprozeß des Individuums treten in den neuen Bundesländern zunehmend Versuche auf den Plan, eine situierte Identität zu schaffen, das heißt Versuche einer bewußten Gestaltung derselben durch individuelle oder kollektive Akteure. Eine derartige "Einpflanzung" raumbezogener Identität nährt den Verdacht, als Substitut für fehlende andere gesellschaftliche Bindeklammern dienen zu müssen.

117 117 EXPO 2000 Sachsen-Anhalt GmbH, Sachsen-Anhalt, Land der Reformen. Die Korrespondenzregion Dessau, Bitterfeld, Wolfen, Wittenberg. Dessau 1996.

118 118 Andreas Rossmann zu der Ausstellung "Sonne, Mond und Sterne-Natur und Kultur der Energie" in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28.7.1999.

119 119 Zum Prozess der Fiktionalisierung von Wirklichkeit vgl. Vgl. A. Honneth, Anerkennung und Differenz: Zum Selbstverständnis postmoderner Sozialtheorie. In: Initial Heft 7/1990, S. 670

120 120 EXPO 2000 Sachsen-Anhalt GmbH, Ferropolis. Stadt aus Eisen. Dessau 1996, S. 13.

121 121 Vgl. G. Böhme, 1992, a.a.O., S. 14.

122 122 Vgl. im besonderen die Ausführungen zur "Wissenschaft vom Konkreten". In: C. Lévi-Strauss, Das wilde Denken. Frankfurt/M. 1997, S. 11ff.

123 123 Vgl. MVRDV, Niederländischer Pavillon EXPO 2000 Hannover. In: P. Neitzke u.a. (Hrsg.), Centrum 1999-2000. Jahrbuch für Architektur und Stadt. Basel 1999, S. 94.

124 Vgl. Eine neue Natur – Expo-Pavillon. In: Arch+ Nr. 142/1998, S. 52ff.

 

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