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Autor: Moormann
In: Kunstgewerbeblatt - 14 (1903); 10. - S. 185 - 197
 
Über die neuere Richtung in der Baukunst
 
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ÜBER DIE NEUERE RICHTUNG IN DER BAUKUNST

DIE künstlerische Aufgabe der Baukunst besteht darin, das im Geiste des Baumeisters herangereifte Bild seines Werkes so zum Ausdruck zu bringen, dass im Beschauer die vom Baumeister gewollte Stimmung zum Anklingen gebracht wird.
Der künstlerische Schöpfungsvorgang pflegt, wie bei den übrigen Künsten, so auch in der Baukunst, gewöhnlich so zu verlaufen, dass dem Baumeister zuerst der Grundgedanke des Entwurfs nur in seiner allgemeinen Gestalt in grossen unbestimmten Umrissen vorschwebt und erst nach und nach beim weiteren Durcharbeiten festere Formen annimmt.
Wenn es sich etwa um ein Rathaus handelt, so könnte der Grundgedanke vielleicht darin bestehen, dass in dem Bau trotziges Selbstbewusstsein der Bürgerschaft oder altererbte Vornehmheit, patriarchalische Behaglichkeit, stolze Entfaltung des Reichtums oder eine sonstige bezeichnende Stimmung zum Ausdruck gebracht werden soll. Aus diesem Grundgedanken heraus beginnt der Künstler dann die Ausarbeitung, nachdem zuvor die für eine brauchbare Lösung der Aufgabe erforderlichen Nutzteile des Baues, unter Berücksichtigung ihrer dem Gebrauch angemessenen Ausgestaltung und zweckmässigen Benutzung, sowie unter Beachtung der durch den Baustoff und die Haltbarkeit gebotenen Rücksichten, aufgezeichnet sind. Es wird so erst das Gerippe des Entwurfes festgelegt. Durch diese Ausarbeitung klärt sich der allgemeine Grundgedanke mehr und mehr ab und die Gliederungen, Teilungen und die vorläufige Durcharbeitung der Einzelformen ordnen sich in dem gewollten Sinne zusammen. Der Künstler fährt in dieser Durcharbeitung und Abstimmung seines Werkes, bei der nicht selten der erste Grundgedanke verlassen und ein passenderer an dessen Stelle gesetzt wird, solange fort, bis der aus der Einbildungskraft in die greifbare Wirklichkeit hervorgetretene Entwurf seiner gewollten Stimmung entspricht. Bei der Ausführung hat er dann noch die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich der Übersetzung seines Entwurfes in das thatsächliche Bauwerk entgegenstellen. Wenn dann schliesslich auch der fertige Bau im Beschauer die vom Künstler gewollte Stimmung hervorruft, dann hat dieser seine Aufgabe als Künstler gelöst.

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Ob allerdings die Lösung eine mehr oder weniger gute ist, hängt davon ab, ob er es verstanden hat seine Aufgabe erschöpfend zu erfassen und ob er alle mit Rücksicht auf die Brauchbarkeit und Haltbarkeit des Werkes zu stellenden Anforderungen mit denjenigen Ansprüchen zu vereinigen gewusst hat, die das herrschende oder sein eigenes aufrichtig und tief empfundenes Schönheitsgefühl erheben. Ein Kunstwerk bleibt sein Werk aber stets, solange er aus seinem eigenen Innern, aus seiner eigenen Stimmung heraus geschaffen und diese Stimmung in verständlicher Weise zum Ausdruck gebracht hat.
Dabei ist es nicht durchaus nötig, dass der schliesslich ausgedrückte künstlerische Gedanke ihm selbst von vornherein bereits klar bewusst gewesen ist, und dass ihm das künstlerische Ziel stets in klaren Umrissen vorgeschwebt hat. Nötig ist nur, dass er erst dann befriedigt den Stift beiseite legt, wenn er fühlt, dass sein Werk der von seinem künstlerischen Gefühl geforderten Stimmung entspricht. Erst die Stimmung, jener aus der Seele des Künstlers in sein Werk gelegte, belebende Funke, erhebt dasselbe über das Handwerksmässige. Der rein künstlerische Teil des Werkes ist reine Gefühlssache, ebenso wie später der Kunstgenuss des Beschauers reine Gefühlssache ist. Der weitergehende Genuss des Kenners, der in der Verfolgung der vom Künstler angewendeten Mittel und der Würdigung der technischen Schwierigkeiten besteht, ist schon kein Kunstgenuss mehr, sondern der aus dem befriedigten Forschertrieb erwachsende Genuss.
Mit dem Verstande allein lassen sich daher auch in der Baukunst keine Kunstwerke schaffen. Dem Verstandesmenschen mag dies zwar klar bewiesen scheinen, wenn er als Belag für seine Behauptung, die auf genauester Messung und Nachbildung, also auf rein verstandesmässiger Aufnahme der antiken Bauten beruhenden Leistungen der grossen Meister der Renaissance aufführt. Das, was jene Meister gemessen und nachgebildet haben, waren aber nur die einzelnen Bauteile, aus denen die herrlichen antiken Bauten gebildet waren. Was sie dagegen wieder daraus geschaffen haben, war etwas gänzlich Neues, Selbständiges, bei dem allerdings die Absicht dahin ging, durch genaue Nachbildung der Verhältnisse und Einzelheiten der antiken Bauten, ebenfalls Werke von ähnlicher »göttlicher« Schönheit zu schaffen. Sprach doch Michelangelo es ausdrücklich aus, dass er durch seine Studien an den antiken Kunstwerken lernen wolle, das jenen innenwohnende »divino« auszuprägen.
Durch das genaue Studium der Antike ging den Meistern zugleich ein Teil des antiken Schönheitsgefühls in Fleisch und Blut über und was sie schufen, war nur der aus ihrem innersten Empfinden hervorgegangene Ausdruck ihres eigenen verfeinerten Schönheitsgefühls, nicht aber das Ergebnis ihres Scharfsinns und ihrer Nachahmungskraft.

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Es hat allerdings zu allen Zeiten Werke, die hauptsächlich auf trockener Verstandesarbeit beruhen, ebensogut gegeben, wie heutzutage. Seit des alten Vitruvius Tagen hat es nicht an Versuchen gefehlt, bei den weniger begabten Schülern, den Mangel an künstlerischer Herzensbildung und an Empfindung für die Stimmung der Bauwerke, durch gewisse Schönheitsregeln zu ersetzen, die aus den gemessenen Verhältnissen mustergültiger Bauten abgeleitet wurden. Es liegt dies in der Natur der Sache, da künstlerische Feinfühligkeit angeboren sein muss und sich nicht in den kurzen Lehrjahren beibringen lässt, während die Regeln und ihre sachgemässe Anwendung leichter zu erlernen sind. Da nun im letzten Jahrhundert infolge der riesenhaften Fortschritte der Technik auch die Beherrschung des Technischen an den Bauwerken immer schwerer zu erfüllende Anforderungen an den Anfänger wie an den Meister stellte, und da andererseits die junge Wissenschaft der Kunstgeschichtsforschung immer regeres Interesse fand, so geriet die Ausbildung der künstlerischen Feinfühligkeit stark in den Hintergrund. Man neigte in dem stolzen Bewusstsein der stets neuen Siege des Verstandes über die Naturkräfte und über die wissenschaftlichen Schwierigkeiten zu der Ansicht, dass auch im Gebiete der Kunst der Verstand herrsche und dass in der Beachtung gewisser Verhältniszahlen und in feinen Andeutungen und geistvollen Vergleichen, die eine allerdings nur dem Eingeweihten verständliche Sprache, die architektonische oder vielmehr tektonische Formensprache, reden sollten, der Hauptreiz der architektonischen Schönheit bestehe. Daneben glaubten die Kunstgeschichtsforscher den Kunstwert nach der geschichtlichen Treue der angewendeten Stilformen beurteilen zu müssen. Ja, sie gingen sogar soweit, willkürlich die Kunst ganzer Jahrhunderte in Acht und Bann zu thun als dem Verfall der Kunst angehörig. Wurde doch den Werken der Barock- und Rokokozeit ein Zeitlang allen Ernstes nur als warnenden Beispielen eine Stellung in der Kunst eingeräumt, ebenso wie man verständnislos und mitleidig auf die Leistungen der innigen altdeutschen Malerei herabsah. Ein Stilfehler war fast ein unauslöschlicher Schandfleck für einen Baumeister geworden und ein Verstoss gegen die Tektonik galt für eine höchst bedauerliche Leichtfertigkeit. Wir belustigen uns jetzt mit solchen Erinnerungen, doch war und ist es teilweise auch heute noch den Vertretern dieser überlebten Meinungen bitterer Ernst mit ihrer Kunst.
Wenn auch die Tektonik mehr zurückgetreten ist, so ist bis in die letzte Zeit hinein die peinlich genaue Nachbildung alter Stilarten dagegen in geradezu erschreckender Weise immer mehr in Aufnahme gekommen und erst in neuester Zeit lässt sich ein Abflauen dieser Sucht bemerken. In gewissem Sinne war diese volkstümlich gewordene Vorliebe für historische Stilformen eine ähnliche Entartung des in das Volk gedrungenen und noch unverdaut gebliebenen Vielwissens, wie seiner Zeit jene seltsame, wohl hauptsächlich mit aus dem eifrig betriebenen Unterricht in den fremden Sprachen entstandene Mode, durch Anwendung von Fremdwörtern seine Bildung leuchten zu lassen.

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Ganz ähnlich erfreute sich auch die Stilarchitektur bei den Halbgebildeten vorzugsweise um deswilllen einer so grossen Verehrung, weil jedermann mit sachverständiger Miene an dem Neubau die und jene in der Schule auswendig gelernte Stilregel feststellen konnte und sich so der sonst so unnahbaren Architektur als gestrenger Kunstrichter gegenüberstellen durfte.
Die später Geborenen werden unseren auch von hochbegabten Meistern und an hervorragend schönen Leistungen getriebenen Stilkultus wahrscheinlich als eine völlig unverständliche, krankhafte Fälschungssucht, erkennen.
Die vollbrachte That zeigt auch hier ein wesentlich anderes Antlitz und die höchst unbehagliche Ähnlichkeit zwischen einem falschen Hundertmarkschein und einem »echten« Bau dämmert schon mehr als Einzelnen nachgerade auf.
Als man die Unfruchtbarkeit der Tektonik genügend erkannt hatte, glaubte die Kunstforschung wenigstens in dem Ausdruck der statischen Kräfte im Bauwerk das richtige Feld für die Entwickelung der Kunstformen gefunden zu haben. Aber auch dieses erwies sich als dürr und steinig und dem allgemeinen Verständnis unzugänglich; denn was versteht ein Nichttechniker von den kümmerlichen Anspielungen und der dürftigen Formensprache, die ihm angeblich das Spiel der statischen Kräfte begreiflich machen sollen. Man behauptete zwar, die Formensprache zu verstehen, aber nur um nicht als ungebildet zu gelten. Ehrlich geglaubt haben selbst die Väter dieser Formensprache nicht so recht an ihr eigenes künstlich erzeugtes Sorgenkind. Die echten Künstler kümmerten sich wenig um das Treiben der Gelehrten und nur die Achtung vor dem zweifellos geistreichen Grundgedanken, auf dem sie beruhte, hat die architektonische Formensprache eine Zeitlang davor bewahren können, dass der glänzende Schleier von ihrem armseligen Leibe gezogen wurde. Eine Konstruktion, die erst durch eine Formensprache dem Beschauer verständlich gemacht werden muss, ist von Geburt aus verfehlt. Ein scharf gebautes Segelschiff, eine luftige Halle, eine leicht gespannte Brücke, ein hoher Eisenturm erklären sich selbst. Der Versuch, hier durch Akanthusblätter, Voluten und Kymatien, die Hauptkraftmittel der damaligen Formensprache, nachhelfen zu wollen, zeigt die ganze Ohnmacht dieser Sprache auf das deutlichste.
Eine gute Konstruktion bedarf eben gar keiner Formensprache, da sie in der siegreichen und leichten Überwindung der statischen Schwierigkeiten schon durch ihre notwendigen nackten Bestandteile allein den beredtesten Ausdruck für das statische Kräftespiel giebt, das die Formensprache wie ein Ceremonienmeister erst hoffähig machen und in den geheiligten Bereich der Kunst einführen möchte. Man könnte das Gefühl, das die wohlgelungene Konstruktion unserem Herzen näher bringt und sie uns in ihrer Art schön erscheinen lässt, mit dem Ausdruck »befriedigtes Zweckmässigkeitsgefühl« bezeichnen. Es ist das etwas ganz anderes, als der zweifellos ebenfalls hohe Genuss, den der Fachmann durch das Verständnis bedeutender konstruktiver Gedanken vor dem gebildeten Laien voraus hat. - Die konstruktiven Bauteile lassen sich natürlich bei reicherer Ausführung durch Schmuck verschönern, aber es wäre engherzig, sich hierbei auf einen hübschen geistreichen Ausdruck der Zug- und Druckspannungen zu beschränken, ebenso wie es von Gedankenarmut zeugen würde, wollte man den Schmuck nur an dem Gerippe der Konstruktion zeigen.

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Die Konstruktion ist für den Baumeister nur das, was für den Maler und Bildhauer das Knochengerüst des Menschen- und Tierkörpers ist. Wo die Konstruktion geschmückt werden soll, da sollen die Konstruktionsglieder die Träger schöner Formen sein, die sich zu einem einheitlichen Gesamteindruck zusammenfügen, so dass sie über den blossen Ausdruck des mathematischen Gedankens, wie ihn die Tektoniker wollen, emporgehoben werden.
Auch nicht die im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende abgewandelten, neuentstandenen und wieder entschwundenen Einzelformen der Baustile sind die eigentlichen Ausdrucksmittel der Baukunst, sondern die Verteilung und Gliederung der Massen, der auf den Gesamteindruck zielende Linienfluss, die Ruhe oder Bewegung in den Teilungen und die Farben- bezw. Licht- und Schattenwirkung. Die Einzelformen kommen für den Kunstwert nur insofern in Betracht, als sie die Wirkung dieser Mittel unterstützen.
Von allen Künsten hat die Baukunst die kleinste Auswahl an Ausdrucks- und Stimmungsmitteln, denn um eine Stimmung hervorzurufen, müssen verwandte Saiten berührt werden. Es müssen also durch das Bauwerk ähnliche Eindrücke wachgerufen werden, wie wir sie auch sonst im gewöhnlichen Leben als Zeichen bestimmter bedeutender Eindrücke und Stimmungen zu sehen gewohnt sind. Die architektonischen Formen als solche sind tot und leblos, erst durch ihre Ähnlichkeit mit lebendigen Formen, die auf unsere Stimmung wirken, erhalten sie die Fähigkeit, ebenfalls auf unsere Stimmung zu wirken.
Als sichtbares Ausdrucksmittel für das Unbewusste, bloss im Gefühl sich abspielende Anklingen, das gewisse Stimmungen erzeugt, kommt an erster Stelle die Nachahmung der Haltung, der Bewegung und der Gebärde, sowie in gewissem Sinn auch des Gesichtsausdrucks des Menschen in Frage.
An zweiter Stelle kommen einzelne Ähnlichkeiten mit gewohnten Gegenständen, die wir in unserer Umgebung und in der Natur zu sehen pflegen, in Betracht.
Erst an dritter, aber wichtigster Stelle kommen die durch solches Anklingen und solche Ähnlichkeiten im Laufe der Zeit an den bereits vorhandenen Bauwerken zum Ausdruck gebrachten Stimmungen, und der von solchen Stimmungen hervorragender Gebäude wiederum auf den studierenden Baumeister gemachte Eindruck in Frage. Die so überlieferte Stimmung wird für ihn leicht massgebend, und er wird sie ebenfalls anwenden, um bei seinen späteren Schöpfungen die gleiche Stimmung wieder zu erreichen, die er bei jenen Bauwerken empfunden hat.
Es geht hierin der Baukunst ähnlich wie der Musik. Bei dieser ist die Nachahmung des Ausdruckes der menschlichen Stimme, die alle Seelenregungen am unmittelbarsten auslösen kann, die eigentliche Grundlage, auf der sich die musikalische Stimmung aufbaut. In zweiter Linie kommen die Töne, die wir in der Natur zu hören gewohnt sind, sowie die rhythmische Nachahmung der Bewegungen in Frage. Aber diese ursprünglichen Grundlagen sind völlig überwuchert von den Eindrücken, die der musikalische Mensch im Laufe der Zeit aus den vielen gehörten Musikwerken, also aus zweiter Hand, empfinden und kennen gelernt hat. Die so ausgedrückte Wiedergabe von Stimmungen nimmt nach und nach für gewisse Stimmungen genau ausgeprägte Formen an und bildet alsdann eine aus der Entwickelung der Musik hervorgegangene, gleichsam auf Übereinkunft beruhende Sprache, die erst der Eingeweihte voll verstehen lernt.
Ebenso haben in der Baukunst gewisse Stimmungen einen im Laufe der Zeit eingebürgerten und bei Gebäuden, die gleichen Zwecken dienen, regelmässig wiederholten Ausdruck gefunden, der gleichsam der ganzen Gebäudegattung ein festes Gepräge giebt. In diesem Sinne kann man allerdings von einer architektonischen Formensprache reden. So haben zum Beispiel die Kirchen, Theater, Saalbauten und Hallen, die ihrer Benutzbarkeit nach eine ganz ähnliche Gestalt erhalten könnten, doch so durchgreifende, lediglich ausserhalb der Nutzform liegende äussere Unterschiede, dass auch der Laie auf den ersten Blick die Gattung des Bauwerkes erkennen kann. In verfeinerter Gestalt wiederholt sich diese Gewohnheitsform auch für die künstlerischen Einzelheiten, die nur dem geschulten und empfänglich gewordenen Auge als das wirksame Mittel wahrnehmbar sind. So erkennen wir ein wirksames Mittel, zum Beispiel für eine vornehme Wirkung, in den weiten Achsenteilungen und der Hervorhebung der Einzelformen durch ruhige Flächen an Palästen, oder für die ernstfeierliche Stimmung, in den hohen Fenstern und den machtvoll emporstrebenden Pfeilern und Spitzen bei Kirchen oder für eine majestätische Wirkung, in den gekrönten, ruhig aufsteigenden Kuppelbauten mancher Dome.
Wenn nun auch die Baukunst in ihrer Ausdrucksfähigkeit weit hinter allen übrigen Künsten zurückbleibt, so nähern sich ihre Wirkungen doch am meisten der Wirkung des Naturschönen und können wie diese eine Grösse erreichen, die von den anderen Künsten vergebens angestrebt würde. Die von ihr erregten Stimmungen können aber nur einfachster Art sein.
Die hohe, straff aufgerichtete Haltung eines Menschen pflegt einen achtunggebietenden, kraftvollen Eindruck auf uns zu machen. Wo wir die gleiche Haltung an Gegenständen in der Natur oder in unserer Umgebung finden, pflegen wir einen ähnlichen Eindruck zu erhalten, sei es, dass er von einer hochgewachsenen starken Eiche, einem Felsen oder einem Bauwerk, dessen Gesamtbild oder dessen einzelne Teile hoch und straff aufgerichtet sind, ausgeht. Das Gegenteil von diesem stolzen Eindruck erhalten wir von einem Menschen, der in gebeugter Haltung mit ruhig herabhängenden Armen dasteht oder sich anlehnt. Ein solcher macht den Eindruck der Niedergeschlagenheit. In der Natur empfangen wir den gleichen Eindruck von der gebeugt, mit herabhängenden Zweigen dastehenden Traueresche und Trauerweide. Wenn wir bei einem Bauwerk den Eindruck der Trauer hervorrufen wollen, so suchen wir in dem Linienfluss das Hervortreten straffer senkrechter Linien zu vermeiden und nähern uns willkürlich oder unwillkürlich mehr jener schlaffen gedruckten Linienführung. Wie ein breit und eckig mit vorgestrecktem Kopfe sich hinstellender Mensch etwas Drohendes, Trotziges hat, so bewirkt auch ein Gebäude von solchen Formen den Eindruck des Trotzigen. So liessen sich noch manche Beispiele finden.
Auch bei den Einzelheiten lassen sich diese Wirkungen verfolgen. So macht ein Flachbogen einen um so frischeren, keckeren Eindruck, je höher er geschwungen ist, während er in gedrückter Form mehr ernst und nüchtern wirkt. Man könnte diese Wirkung in der Ähnlichkeit suchen, die in ersterem Falle mit einer hochgeschwungenen Augebraue besteht, die einen fröhlichen, flotten Eindruck macht, während die flachgezogene, der gleichgültigen, alltäglichen Stimmung entspricht. Der Rundbogen könnte bald an eine hohe freie Stirn, bald an Augenbrauen oder Augenwimpern erinnern, je nachdem die betreffende Öffnung oder Fläche höher oder niedriger ist. Das Überwiegen der mehr einer Wagerechten sich nähernden Linien bei einem Bauwerk verleiht ihm wegen der Ähnlichkeit mit einem ruhig gelagerten Menschen ebenfalls etwas besonders Ruhiges, während bei starkem Überwiegen rein wagerechter Linien das Bauwerk etwas Totes, Starres erhält, ähnlich einem leblos hingestreckten Menschen. In der aufrechten oder auch gebeugten Haltung ist die Totenstarre etwas noch Auffälligeres, als bei der wagerechten Lage. Eine starre, steife Linienführung für ein hohes Gebäude hat für uns daher etwas Abstossendes, Unangenehmes. Umgekehrt verleiht ein mehr oder weniger stark abwechselnder Linienfluss dem Bauwerk etwas Frisches, wie wir bei einem lebhaften Menschen auch mehr oder weniger stark wechselnde Linien zu sehen gewohnt sind.
Die Ähnlichkeiten finden wir auch bei den rhythmischen Wiederholungen der Bauformen durch die Achsenteilungen. Der ernste oder heitere Eindruck der Schauseite eines Gebäudes richtet sich wesentlich nach der Nachahmung einer mehr oder weniger lebhaften Bewegung innerhalb der einzelnen Achsenbilder selbst und in der Abwechslung bei der Aufeinanderfolge derselben. So macht die schwere, einförmige Säulenstellung der sizilischen und ägyptischen Tempel einen sehr ernsten, die aus leicht emporschiessenden Säulen bestehende korinthische Ordnung einen heiteren, festlichen Eindruck, während am Parthenon und Erechtheion die ruhigen aber doch reichen Linien den Eindruck des weihevoll Feierlichen überwiegen lassen. Ähnliche Stimmungsunterschiede lassen sich auch beim Vergleich der frühen, mittleren und spätgotischen Bauten durchführen.

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Bei der Flächenbehandlung fällt der nachgeahmten Bewegung die Hauptaufgabe zu. Sind die einzelnen geschmückten Bauteile einer Schauseite klar auf grossen ruhigen Flächen vertreilt, wie es der ruhigen Bewegung entspricht, so ist die Wirkung der einzelnen Schmuckteile naturgemäss eine weit stärkere, und das Ganze macht einen vornehmeren, ruhigeren Eindruck, als wenn sie dicht nebeneinander gehäuft sind. Stehen verschiedene Schmuckteile, ohne sich zu einem Gesamtmuster zusammenzuordnen, einander so nahe, dass sie sich in ihrer Wirkung gegenseitig beeinträchtigen, so ist der Eindruck ein überladener, unbefriedigender.
Wechseln dagegen stark ungleiche Glieder regelmässig miteinander ab, so wird der Eindruck ein lebhafter, ähnlich wie derjenige einer Bewegung, bei der das Auge einem um so grösseren Wege folgen muss, je stärker die Bewegung ist. Fehlt die Regelmässigkeit in der Wiederholung, so ist der Eindruck ein störend unruhiger.
Bei der freien malerischen Behandlung der Baugruppen und der Flächen, die von der Achsenteilung beziehungsweise Symmetrie mehr oder weniger absieht, sind es wieder die Ähnlichkeiten, die in den Formen der einzelnen Bauteile stecken, die in ihrer Zusammenstellung und Gesamtwirkung die Stimmung bedingen; doch muss eine solche freie Anordnung auf die ruhigen, feierlichen Wirkungen verzichten, während sie für die Erzielung fröhlicher, behaglicher oder auch festlicher Stimmungen gut geeignet ist.
Diese Vergleiche und Ähnlichkeiten, von denen wir hier einige Beispiele angeführt haben, kommen nur ganz ausnahmsweise beim Entwerfen und wohl niemals beim Betrachten eines Bauwerkes zum Bewusstsein; sie bleiben vielmehr an der Schwelle des Bewusstseins stehen, wo wir nur fühlen und die Begriffe erst ahnen, die wir später durch längere Verstandesarbeit klarstellen könnten. Aber gerade in dieser Unbestimmtheit des künstlerischen Empfindens liegt ein ganz besonderer Reiz, geradeso wie diejenige Musik, die den Gefühlsregungen die Auswahl der ihr am meisten zusagenden Ähnlichkeiten überlässt, viel tiefer wirkt, als die sogenannte Programmmusik, die uns in einem bestimmten, nicht zu verfehlenden Geleise durch den Wundergarten der Töne führt. Es ist im Grunde derselbe Reiz, den wir beim Betrachten einer Ruine oder einer noch unvollendeten Skizze empfinden, wo es unserer Einbildungskraft überlassen bleibt, das Fehlende, wie es uns zusagt, zu ergänzen. Wo wir in der Architektur eine absichtliche, nicht misszuverstehende Nachahmung eines Eindrucks, zum Beispiel des menschlichen Angesichtes, finden, wie bei einzelnen Meistern des 17. Jahrhunderts, die in ihren Festungsbauten durch die Verteilung der Schiessscharten als Augen und der Thore als Rachen scheussliche Fratzen nachahmten, da wirkt das Bauwerk nüchtern und lässt uns kalt.
Die Andeutung der Ähnlichkeit wirkt bei guten Bauten in ähnlichem Sinne, wie etwa in den Landschaften von Salvator Rosa die versteckte Ähnlichkeit der Felsenklippen mit schaurigen Riesenhäuptern wirkt. Jene Gemälde machen zunächst lediglich den tiefen Eindruck einer wilden, leidenschaftlichen Naturscene. Erst wenn wir die Einzelheiten zergliedern, finden wir diese zur Verstärkung der Wirkung benutzte Ähnlichkeit.

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Bei Salvator Rosa war das Mittel wahrscheinlich ein beabsichtigtes, dem Architekten liegen jedoch solche absichtliche Ähnlichkeiten ziemlich fern, sie sind ihm aber so in Fleisch und Blut übergegangen, dass er sie ebensowenig suchen oder erforschen wird, wie der Dichter der anatomischen Seite des Denkvorganges nachforschen wird. Wollte gar ein Baumeister geflissentlich einen bestimmten Gesichtsausdruck oder eine bestimmte Haltung durch deutliche Nachahmung der Form zur Darstellung bringen, so würden in den meisten Fällen notwendig Karikaturen und Spottgeburten das Ergebnis sein. Es darf sich immer nur um unbestimmte Andeutungen handeln.
Bei der Ausgestaltung von Innenräumen wird ohnehin die Ähnlichkeit sich nur auf die Einzelformen erstrecken können. Wenn auch der Gesamteindruck der säulengetragenen Gewölbe und der Kuppeln zuweilen an die majestätische Ruhe der Wälder oder an den sternenbesäten Himmel erinnern kann, so lassen sich doch im allgemeinen durch die Innenräume nicht solche eindringliche Stimmungen erreichen, wie durch die Aussenarchitektur, zumal bei freistehenden Bauten die natürliche oder umgestaltete Umgebung die Wirkung ungemein verstärken kann. Dagegen lassen sich durch die Linienführung bei der Flächenbehandlung und in dem Wechsel der etwaigen Achsenbilder und Gliederungen, sowie ganz besonders durch die Farbenwirkung und die innigere Mitwirkung der übrigen darstellenden Künste wieder ganz anders geartete grosse Stimmungen erzeugen, die durch die Aussenarchitektur nicht zu erreichen sind.
Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die Stimmung hat für die Innenräume mehr noch als für das Äussere die Farbe. Wie der düstere Himmel und das tief überschattete Auge etwas Drohendes, Ernstes haben, so wird auch der Eindruck des Ernstes oder der gedrückten Stimmung durch eine düstere Färbung und tiefe, grosse Schatten verstärkt. Lebhafte wechselnde Farben hingegen und lichte Flächen machen den Eindruck zu einem heiteren, fröhlichen. Ja, schon die einzelnen Farbentöne haben einen unzweifelhaften Einfluss auf die Stimmung, der um so deutlicher wird, je empfindsamer der Beschauer ist, und der um so leichter in das Weichliche, Krankhafte entartet, je unselbständiger der Architekt ist. -
Eine ganz andere Art von Stimmung erzeugt in gewissem Sinne der eigentliche geschichtliche Stil selbst. Schon die angewendete Stilart allein lässt uns wegen ihrer bei bestimmten Gebäudearten gewohnt gewordenen Anwendung gleich den bestimmten Zweck und die Gattung der betreffenden Bauten vermuten.

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So sind wir gewohnt, mit den frühmittelalterlichen Stilarten den Begriff des Altehrwürdigen, Urwüchsigen oder auch klösterlich Abgeschlossenen zu verbinden, während die gotischen Stilarten bald etwas andächtig Frommes, bald trotzig Feudales, bald glänzend Altertümliches an sich haben. Antike Formen pflegen wir wohl bei klassischen Zwecken gewidmeten Gebäuden vorauszusetzen, während die Renaissanceformen mehr den Gedanken erwecken, dass der Bauherr als Kunstfreund und vornehmer Mann gelten will. Der Rokokostil pflegt als der Ausdruck des heiteren Lebensgenusses zu gelten und in der deutschen Renaissance sind wir gewohnt, die Verkörperung eines behaglichen, reichen Bürgerlebens zu sehen.
So haftet jedem Stil ein gewisser Nachklang des Zeitgeistes an, den wir für die betreffende Zeit, als der Stil erblühte, als den herrschenden anzunehmen gewohnt sind. Diese Wirkung, die man die historische Stimmung eines Bauwerks nennen könnte, spielt noch immer eine grosse Rolle, die auch ihre volle Berechtigung hat, so lange die Sucht nach »Echtheit« nicht aufdringlich ins Auge fällt.

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Zur Zeit, als jene Stilarten die Baukunst beherrschten, waren die betreffenden Stilformen aber der Ausdruck für alle möglichen architektonischen Stimmungen, und auch heute noch lassen sich, wenn nur der richtige Meister dazu kommt, durch jeden Stil, abgesehen von der betreffenden historischen Stimmung, alle architektonischen Stimmungen zum Ausdruck bringen. Die Abwandlungen, welche die einzelnen Stilformen erfahren müssen, um die beabsichtigte Stimmung zu erzielen, bewegen sich überall in dem gleichen Sinne. Überall wird das Ernste durch kraftvolle Formen mit ruhigem Linienfluss, das Heitere durch schlanke, leicht bewegte Formen, die Trauer durch gedrückte, schlaffe Formen und düstere Farben, die Freude durch schmuckreiche, lebhaft gefärbte Formen und so in ihrer Weise jede Stimmung durch dieselbe gemeinsame Abwandlung der Stilform zum Ausdruck gebracht.
Die Stilformen sind also, soweit sie nicht etwa, wie der Spitzbogen, durch die Konstruktion bedingt sind oder zur Erzielung der betreffenden historischen Stimmung für erforderlich gehalten werden, im Grunde genommen, wie das ja auch in ihrer meist rein zufälligen Entstehung begründet ist, für die eigentliche architektonische Wirkung eines Bauwerkes unwesentlich. Die Entwickelung der Stilformen ist trotz aller gelehrten Auslegungen willkürlich und ohne innere Notwendigkeit verlaufen, und als etwas Zufälliges haben sie daher mit der Baukunst als Kunst wenig oder gar nichts zu schaffen. Der künstlerische Zweck, das ist die Stimmung, lässt sich ebensogut durch andere Formen erreichen, sobald man von der historischen Stimmung absieht. Diese historische Stimmung hat aber mit der eigentlichen Kunst ebenfalls nichts zu thun, da sie lediglich in unserer heutigen Auffassung der betreffenden Zeitalter beruht und sofort verschwindet, wenn entweder das Interesse für die Geschichtsforschung im allgemeinen oder für das betreffende Zeitalter wieder nachlässt.
Wenn nun aber die einzelnen Stilformen für den künstlerischen Gehalt eines Bauwerks unwesentlich sind, so liegt der Gedanke nahe, dasjenige als das Wichtigste anzusehen, was den verschiedenen Stilformen gemeinsam ist, wenn durch sie bestimmte Stimmungen ausgedrückt werden sollen. Es ist dann nur ein kurzer Schritt nötig, um diesen so gefundenen oder gefühlten Kern der Stilformen mit einer neuen, die Empfindung womöglich noch klarer zum Ausdruck bringenden Form zu umkleiden, die alle jene historischen Formen verlässt. Warum sollte nicht heutzutage ein Künstler seinem eigenen Schönheitsgefühl mehr vertrauen, als den überlieferten Formen, die in ihrer tausend- und abertausendfachen Wiederholung ihren Reiz für ihn verloren haben und die auch nachgerade der grossen Menge, der die alten Formen durch eine ganze Sündflut von Veröffentlichungen immer wieder vorgeführt werden, langweilig geworden sind?
Die Erkenntnis, dass weder die künstlichen tektonischen Versuche, noch die Nachahmung alter überlebter Stilarten den eigentlichen Ausdruck für die Eigenart unserer grossen Zeit bieten können, wurzelt tief. Die grosse Menge, die eine ihr fremd gegenüberstehende Baukunst ablehnt, rief daher seit mehr als einem halben Jahrhundert immer wieder aufs neue nach einem »Neuen Stil«. Als ein solcher sich in dem sogenannten »Jugendstil« mit den sonderbarsten Grimassen und Sprüngen einführte, da bemächtigte sich sofort die Mode dieser neuen Formen. Als dann bei der Pariser Weltausstellung 1900 einige geniale Künstler in der deutschen Abteilung aus dem gärenden Most einen trinkbaren, wenn auch noch jungen Wein zu gewinnen wussten, da jubelte alle Welt dem befreienden Fortschritt in der bisher planlos umhersuchendem deutschen Baukunst zu. Wenn auch seitdem noch keine wichtigeren öffentlichen Bauten dem sogenannten neuen Stil auf seinem noch etwas schwankenden Wege gefolgt sind, so hat die öffentliche Meinung doch durch die unverkennbare Abwendung von der strengen, alten Stiltreue und durch die freiere Entwickelung des Linienflusses und der Massengruppierung, sowohl bei der Gesamtwirkung als auch bei dem Einzelschmuck, abgesehen von der kirchlichen Baukunst, schon deutlich in die neue Richtung eingeschwenkt.
Da gerade in der Entwickelung der Baukunst Sprünge am allerwenigsten gemacht werden können, so ist das bisher von der neuen Richtung gewonnene, stets wachsende Gebiet doch ein Beweis dafür, dass schon viel erreicht ist und dass der Bruch mit der Tektonik eine längst vollendete und mit der Stilarchitektur eine nahe bevorstehende Thatsache ist. Mit der Stilarchitektur wird einstweilen in der grossen Kunst unverkennbar noch weit Vorzüglicheres geleistet, als mit der neuen Richtung. Aber letztere hat ihre volle Berechtigung und darf als ebenbürtig in den Wettkampf eintreten, aus dem sie, wenn nicht alles trügt, als Siegerin hervorgehen wird.
Die moderne Malerei hat durch die Rückkehr zur unmittelbaren Wiedergabe der empfangenen Eindrücke aus der Natur und aus dem Leben ihre jetzige Höhe erkämpft. Und sie behauptet diese trotz aller sich an sie hängenden, marktschreierischen Mache mit sicherer Hand. In der Baukunst ist ein so rascher und völliger Bruch mit dem Überlieferten zwar weniger zu erwarten. Der eine wird länger, der andere kürzer an den überlieferten Stilformen festhalten. Auf die von Herzen kommende, überzeugte Kunst haben angepriesene Lehrmeinungen und Schlagworte wenig Einfluss und das Wesen der Baukunst ist tiefer und geheimnisvoller als das der Malerei und daher weniger dem Meinungsstreit zugänglich. Aber schliesslich wird doch das Vertrauen zu dem eigenen Schönheitsgefühl, das heute wie niemals zuvor der Künstler durch den Überblick über die Bauwerke aller Zeiten und Völker verfeinern kann, überwiegen und den neueren Bahnen allgemeine Geltung verschaffen. Möge dieser Umschwung der Baukunst des 20. Jahrhunderts zu einer ähnlichen Blüte führen, wie sie die Malerei im 19. Jahrhundert entfaltet hat.

Hildesheim, im Februar 1903, MOORMANN, Baurat

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